SIKO Gegenaktionen München

Meldungen

Atomkrieg durch konventionelle Waffen?

IMI Tübingen - Mi, 20/11/2024 - 15:33
Anfang Juli 2024 feierte die NATO in Washington ihren 75. Geburtstag unter Leitung des noch amtierenden US-Präsidenten Joe Biden. Angesichts weltpolitischer Krisen und Herausforderungen schloss das Bündnis sich enger zusammen und beschwor den Geist des Kalten Krieges, was sich in (…)

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Presseberichte zum IMI-Kongress 2024

IMI Tübingen - Mi, 20/11/2024 - 13:22
— »Wir werden als Störfaktor wahrgenommen« Am vergangenen Wochenende tagte in Tübingen der Kongress der Informationsstelle Militarisierung. Ein Gespräch mit Christoph Marischka, junge Welt, 20.11.2024 — Interview zum Kongress: Von der Kita zur Kaserne – Der lange Arm der Zeitenwende, (…)

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Aufruhr in den Medien über die Nominierung von Tulsi Gabbard

acTVism - Mi, 20/11/2024 - 08:48

Aufruhr in den Medien über die Nominierung von Tulsi Gabbard.

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Interview zum Kongress: Von der Kita zur Kaserne – Der lange Arm der Zeitenwende

IMI Tübingen - Di, 19/11/2024 - 13:56
Ein Interview im Vorfeld zum Kongress der Informationsstelle Militarisierung zum Thema „Zeitenwende in Bildung und Hochschule“ von Benjamin Roth für Telepolis mit Reza Schwarz. Hier geht’s zum Artikel

Wie stark werden Trumps pro-israelische Auswahlen die Außenpolitik beeinflussen?

acTVism - Di, 19/11/2024 - 09:45

Wie stark werden Trumps pro-israelische Auswahlen die Außenpolitik beeinflussen?

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Pro-Krieg Rubio zum Außenminister ernannt: Was bedeutet das?

acTVism - Di, 19/11/2024 - 09:11

Pro-Krieg Rubio zum Außenminister ernannt: Was bedeutet das?

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EU-Parlament verschiebt Gesetz zum Schutz der Wälder und des Klimas

ISW München - Di, 19/11/2024 - 08:21

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass zwischen 1990 und 2020
420 Millionen Hektar Wald - eine Fläche größer als die EU -
durch Entwaldung verloren gegangen sind.

 

 

Wenn in Brasilien die Regenwälder brennen, ist die Empörung in Europa groß. Für Rinderweiden, den Anbau von Soja als Tierfutter, aber auch Palmöl, Holz, Kakao und Kaffee werden vor allem in Südamerika und Südostasien riesige Flächen Regenwald abgeholzt und zum Beispiel auch Graslandökosysteme und Savannenwälder im brasilianischen Cerrado in gigantische Ackerflächen umgewandelt. Doch tatsächlich trugen die Handelspolitik der EU und der Fleischhunger der Europäer:innen erheblich zur Waldzerstörung besonders in Brasilien, Indonesien, Paraguay und Argentinien, aber auch in anderen Ländern bei. Für den Konsum an landwirtschaftlichen Erzeugnissen in Europa werden anderswo auf der Welt Wälder zerstört oder geschädigt.

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass zwischen 1990 und 2020 420 Millionen Hektar Wald - eine Fläche größer als die EU - durch Entwaldung verloren gegangen sind. Der EU-Verbrauch macht etwa 10 % der weltweiten Entwaldung aus. Palmöl und Soja sind für mehr als zwei Drittel davon verantwortlich.

Entwaldungsfreie Lieferketten sind daher ein wichtiger Baustein für den Schutz der Umwelt und des Klimas.

Am 19. April 2023 beschloss das EU-Parlament die Entwaldungsverordnung, die darauf abzielt, den Klimawandel und den Verlust der biologischen Vielfalt zu bekämpfen.

Nach dem Gesetz dürfen Produkte wie Kaffee, Holz, Soja, Kakao,Kautschuk, Palmöl und aus Rindern hergestellte Erzeugnisse künftig nur noch dann in der EU verkauft werden, wenn dafür nach 2020 keine Wälder gerodet wurden. Damit soll auch die Abholzung des Regenwaldes etwa im südamerikanischen Amazonasgebiet deutlich reduziert werden.

Unternehmen müssen künftig eine Sorgfaltserklärung abgeben, dass für ihr Produkt nach dem 31. Dezember 2020 kein Wald gerodet oder geschädigt wurde. Wer sich nicht an die Vorschriften hält, muss mit hohen Strafen von mindestens vier Prozent des Jahresumsatzes in der EU rechnen.

Die Regelungen gelten auch für Landwirte, Waldbesitzer und Händler in der EU, sobald sie die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse auf dem EU-Markt bereitstellen oder exportieren.

Die Verordnung ist am 30. Juni 2023 in Kraft getreten und sollte nach einer Übergangszeit von 18 Monaten ab dem 30. Dezember 2024 angewendet werden.
Für kleine Unternehmen sollte eine Übergangszeit von 24 Monaten gelten.


Grüne Minister: Anwendung der Verordnung verschieben

Doch EU-Mitgliedstaaten und betroffene Unternehmen wehren sich gegen die Verordnung und erklärten, dass sie nicht in der Lage wären, die Vorschriften der EU-Entwaldungsverordnung einzuhalten, wenn sie ab Ende 2024 gelten würden.

Daraufhin haben bereits im April 2024 auf Initiative von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) zusammen mit Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) mehrere EU-Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission appelliert, den Anwendungsstart zu verschieben. Die Kommission stimmte Anfang Oktober zu und schlug eine Verschiebung um 12 Monate vor.[1]

EU-Parlament: Verschiebung um ein Jahr

Am Donnerstag, 14. November, hat auch das EU-Parlament die Verschiebung um ein Jahr mit 371 Stimmen gegen 240 Stimmen und 30 Enthaltungen gebilligt.

Das Parlament nahm auch andere Änderungen an, darunter die Schaffung einer neuen Kategorie von Ländern, die hinsichtlich der Entwaldung "kein Risiko" darstellen, zusätzlich zu den bestehenden drei Kategorien "geringes", "normales" und "hohes" Risiko. Für Länder, die als "kein Risiko" eingestuft werden, d. h. für Länder mit stabiler oder zunehmender Entwicklung der Waldfläche, gelten deutlich weniger strenge Anforderungen, da das Risiko der Entwaldung vernachlässigbar sei oder gar nicht bestehen würde.

Eingebracht wurde der Antrag von der Fraktion der Europäischen Volkspartei EVP - der auch CDU und CSU angehören.

Die neue Allianz zur Abschaffung des Green Deal

Weil im EU-Parlament die Grünen sowie die Sozialdemokraten die von einer CDU-Abgeordneten eingebrachten Anträge ablehnten, waren die europäischen Christdemokraten auf die Stimmen der ultrarechten, nationalistischen Abgeordneten angewiesen.
Ohne die Stimmen von mehreren AfD-Abgeordneten wäre keine ausreichende Mehrheit zustande gekommen

Damit hat eine Allianz von Christdemokraten und Ultrarechten eines der prominenteren Umweltgesetze ("Entwaldungsverordnung") der Sozialdemokraten und Grünen gekippt.

Im Jahr 2019 war der Kampf gegen die Klima- und Umweltkrise das Bindeglied zwischen den beiden großen Fraktionen, der Volkspartei und den Sozialdemokraten. Heute haben sich die Dinge geändert: Die Umwelt ist nach wie vor der Klebstoff, aber zwischen der EVP und den ultrarechten politischen Kräften (einschließlich der AfD), die sich zusammengeschlossen haben, um grüne Politik zu verzögern oder zu blockieren

Es lag in der Luft, aber wahrscheinlich hat niemand damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde. Die Mehrheit aus christdemokratischer Volkspartei, Sozialdemokraten und Liberalen, die es vor einigen Monaten mit Hilfe der Grünen geschafft hatte, Ursula von der Leyen (CDU) für eine neue Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission ins Amt zu hieven, zeigt nun sichtbare Risse.

Die Tatsache, dass die Europäische Volkspartei, nachdem sie ursprünglich die Zustimmung zur Verordnung gegen die Abholzung unterstützt hatte, eine beispiellose Kehrtwende vollzieht und sich mit den Stimmen der Ultrarechten gegen Klima- und Umweltschutz stellt, ist ebenso ein Beweis dafür wie die Pattsituation bei der Anhörung der Kandidatinnen und Kandidaten für die EU-Kommission.

Patt bei der Anhörung der Kandidaten für die EU-Kommission

Die Sozialdemokraten bestehen auf einer gemeinsamen Abstimmung über die fünf Vizepräsidenten, die Ausdruck der "Mehrheitsparteien" sind, und eine separate Abstimmung über den sechsten, den "Außenseiter" Raffaele Fitto von den faschistischen Fratelli d'Italia, der zum Kommissar befördert würde, aber nicht Vizepräsident werden soll. Die französischen und die spanischen Sozialdemokraten drohen: Entweder gibt von der Leyen bei Fitto als Vizepräsident nach oder wir stimmen gegen die gesamte Kommission. Die Christdemokraten Volksparteien stellen als Gegenmaßnahme die spanische Sozialdemokratin Teresa Ribeira als Kommissarin für Green Deal in Frage. Im Moment ist alles eingefroren bis zum 27. November.

Tiefe Übereinstimmung zwischen den Positionen der EVP und denen der Ultrarechten

Die gemeinsame Abstimmung von Christdemokraten und Ultrarechten könne als Drohsignal an die Sozialdemokraten betrachtet werden, um sie in der Frage der Vizepräsidentschaft zu erweichen, meint der italienische Journalist und Kommentator, Andrea Colombo. Das sei zwar nicht ganz unbegründet, aber trotzdem irreführend.

"Es ist nicht so, dass die zweite Ursula-Mehrheit, die um die Grünen erweitert wurde, die im vergangenen Juli für von der Leyens Wiederwahl gestimmt haben, im Sterben liegt. Sie wurde nie geboren. Selbst wenn die Kommission die für den 27. November angesetzte Abstimmung im Europaparlament dank eines Taschenspielertricks bestehen sollte, wäre dies nur eine neue Täuschung. So wie auch das Bündnis vom Juli eine Täuschung war", so Andrea Colombo. Denn in Wirklichkeit gebe es beim Green Deal wie bei der Einwanderung eine echte und tiefe Übereinstimmung zwischen den Positionen der EVP und denen der Rechten, einschließlich ihrer ultrarechten Flügel, Orbáns Patrioten und sogar der AfD-Souveränisten. [2]

Sollte sich diese neue politische Konstellation konsolidieren, wird es nicht nur eine gemeinsame Zerschmetterung von Green-Deal-Projekten geben, sondern angesichts weitgehend identischer Standpunkte wird sie sich auf weitere Bereiche ausdehnen: Rüstungs-, Innen-, Sozial-, Migrations-, Konzern-, Finanz-, Steuer-, Haushalts- und alle Teile der Außenpolitik.

Ein Probelauf fand bereits am 20. September statt, als die Christdemokraten mit den Ultrarechten und Faschisten der Fraktion der Partei Europäische Konservative und Reformer (EKR) unter Vorsitz von Giorgia Meloni und den Patrioten für Europa (PfE mit FPÖ, Lega, Partij voor de Vrijheid, Rassemblement National, Vlaams Belang, Vox, ..) einen gemeinsamen Antrag einbrachten, mit dem der venezolanische Oppositionelle Edmundo Gonzalez Urrutia als Sieger der Wahl in Venezuela im Juli anerkannt wird.

"Anstatt einen Kompromiss mit uns zu suchen, arbeiten die Konservativen mit Rechtsaußen zusammen und ziehen somit eine ultrarechte Mehrheit durch."
Moritz Körner (FDP), Mitglied des Europäischen Parlaments über die gemeinsame Resolution von EVP, EKR und PfE zu Venezuela

"Größere inhaltliche Differenzen können wir zwischen CDU und AfD, EVP und den noch rechteren politischen Gruppierungen im EU-Parlament längst nicht mehr erkennen", sagt der EU-Abgeordnete Martin Sonneborn (Die Partei).

Die Grünen-Abgeordnete Jutta Paulus sieht in dem Vorgehen ein Einreißen der sogenannten Brandmauer. Das Mitte-rechts-Bündnis EVP "baut aus den Trümmern Brücken zur Rechten", so Paulus.

In Straßburg bilden die Christdemokraten bereits eine Schattenmehrheit mit den Ultrarechten und warten darauf, in den einzelnen Staaten in Regierungskoalitionen zu wechseln - mit Italien, wo sie dies bereits tun, als leuchtendes Vorbild. Die Sozialdemokraten wollen genau das Gegenteil erreichen: eine Barriere errichten, hinter der sie versuchen können, die letzte Verteidigung angesichts einer Offensive zu organisieren, die sie immer weiter zurückdrängt.

 

Anmerkungen:

[1] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A52024PC0452R%2801%29&qid=1731321503796

[2] il manifesto, 15.11.2024: Commissione Ue, comunque sia sarà un insuccesso
https://ilmanifesto.it/commissione-ue-comunque-sia-sara-un-insuccessone

 

https://www.isw-muenchen.de/broschueren/reports/219-report-138-139

 

 

"Friedensfähig statt erstschlagfähig!"

Lebenshaus-Newsletter - Mo, 18/11/2024 - 18:40
Anfang November haben 36 Friedensorganisationen eine Kampagne gegen die Stationierung landgestützter US-Mittelstreckensysteme in Deutschland gestartet. "Die Entscheidung zur Stationierung der... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Schwache Konjunktur – Gehaltssteigerungen deutscher Top-Manager höher als 2,0 % Lohnerhöhung bei Metall

ISW München - Mo, 18/11/2024 - 18:09

Die Konjunktur der deutschen Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer Abwärtsbewegung.
 

 



Nach den Konjunkturprognosen von Bundesregierung und Konjunktur-Forschungs-Instituten wie dem ifo-Institut und dem iw-Köln ist für 2024 von einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt zwischen 0,2 Prozent und 0,0 %, also „Null-Wachstum“, auszugehen.[1]
Basierend auf den veröffentlichten Informationen aus den Konjunkturprognosen werden   für den aktuellen Rückgang der deutschen Wirtschaft  strukturelle Faktoren wie die angestrebte  Digitalisierung,  ein demographischer Wandel und eine erklärte Zielsetzung der  Dekarbonisierung  als Begründung dafür angegeben.

„Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest. Dabei belasten sowohl konjunkturelle als auch strukturelle Faktoren. Nach einem Rückgang um 0,3% im vergangenen Jahr wird das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr wohl nur stagnieren.“[2]

Auffällig ist bei der Angabe der Gründe, dass sich die deutsche Industrie im Hinblick auf die o.g. verbalen ehrgeizigen Klimaziele nicht gerade mit „Meriten“ behängen kann. So haben sich etwa 2 von drei der größten börsennotierten Unternehmen zur Reduzierung ihrer direkten und indirekten CO2-Emissionen verpflichtet. Doch über die Hälfte dieser Gruppe der Unternehmen hängt ihren selbst gesteckten Zielen hinterher.[3]

Im gleichen Atemzug werden die gestiegenen Energiekosten für die energieintensive Industrie, die in Deutschland einen großen Anteil hat, als eine große Beeinträchtigung der unternehmerischen Wirtschaftsleistung.
Hinzu kommt offenbar eine Nachfrageschwäche in nahezu allen Wirtschaftsbereichen, was zu einer unternehmerischen schwachen Investitionstätigkeit, zu Umsatz-Rückgängen und letztlich zu Geschäftsschließungen, Produktionsstilllegungen und -verlagerungen führt.

Die Konjunkturprognosen gehen zudem von einer anhaltenden Exportschwäche des deutschen Außenhandels aus, als Folge einer schwachen globalen Industriekonjunktur und rückläufiger Teilhabe an der verhaltenen Belebung des Welthandels.

Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße sich die noch realisierbaren Wirtschaftsbelebungs-Programme der sich auflösenden Ampel-Regierung einen Effekt für die Konjunktur durch staatliche Interventionen im kommenden Jahr konjunkturbelebend niederschlagen werden.

Reallohn-Entwicklung

In den gegenwärtigen Konjunktur-Prognosen spielen auch die Reallöhne insbesondere im Hinblick auf den privaten Konsum und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage eine wichtige Rolle.
In diesem Jahr laufen Tarifverträge für knapp zwölf Millionen Beschäftigte in wichtigen Branchen aus. Durch die starke Inflation in den vergangenen Jahren sind die realen Tariflöhne in Deutschland im Schnitt mittlerweile auf das Niveau von 2016 zurückgefallen, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung jüngst mitteilt.[4]  
Die Inflationsrate wird nach den vorliegenden Prognosen weiter sinken, von durchschnittlich 5,9% im vergangenen Jahr auf 2,2% in 2024.
Die Reallohnentwicklung (Nominallohn minus Inflation) dürfte dennoch weit hinter den Vorhersagen von Gesamt 4,7% zurückbleiben. [5]

Steigende Reallöhne erhöhen die Kaufkraft der Lohn-Beschäftigten, eine grundlegende Voraussetzung für gesellschaftlichen Wohlstand der werteschaffenden Produktivkräfte.  Lohnerhöhungen sind zur konjunkturellen Belebung für die Kompensation von Kaufkraftverlusten in den zurückliegenden Jahren unumgänglich.  Dem folgenden Schaubild ist der angegebene Nachholbedarf durch die entstandenen Lücken an Lohnerhöhung der Vorjahre zu entnehmen.

Quelle: Destatis

Die aktuellen Tarifabschlüsse für Metall umfassen für das kommende Jahr eine Gehaltserhöhung von 2,0% und für das darauffolgende Jahr nochmals 3,1, %. Sie sind eine Kompromissformel, die wie zumeist   von allen Seiten beschworen, der „schwierigen wirtschaftlichen Lage“ geschuldet ist. [6]
Von den noch im Herbst vergangenen Jahres dargestellten Prognosen einer Gehaltserhöhung von durchschnittlich 4,7% (siehe weiter oben) ist das Verhandlungsergebnis als ein Ausgleich für versäumte angemessene Lohnerhöhungen weit entfernt. Dadurch kommt das derzeit ungleiche Kräfteverhältnis  beim Ankämpfen gegen den  grundlegenden Konflikt innerhalb des Kapitalismus, des privaten Eigentums an Produktionsmitteln, vollends zum Ausdruck.

Gehaltsentwicklung Top-Manager - mehr als 2,0%

Dafür umso erfreulicher die Nachricht, wer immer es hören mag,  dass  Gehälter der Vorstände von Deutschlands großen Börsenunternehmen  trotz der beschriebenen  Konjunkturflaute auf ein Allzeithoch angestiegen sind.
So erhielten im Geschäftsjahr 2023 Vorstandsmitglieder der börsennotierten Konzerne im Durchschnitt elf Prozent mehr und erreichen eine Vergütung von 2,65 Mio. €
Zu den Einkünften hinzuzurechnen sind die Boni-Zahlungen, Die Angaben stammen aus der „Mixed Compensation Barometer“, eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Großkapital-Berater EY.[7]
Die Vergütungen von Vorstandschefs sind laut EY besonders kräftig um 16 Prozent auf im Durchschnitt gut 3,7 Millionen Euro gestiegen.  Das durchschnittliche Gehalt eines DAX-Vorstandsvorsitzenden wird mit 5,7 Mio. € angegeben.

Als Hauptgrund werden dafür die hohen erzielten Gewinne der Unternehmen trotz der stagnierenden Gesamtentwicklung angegeben.

„Allerdings haben sich die DAX-Konzerne sehr heterogen entwickelt:
Einige Unternehmen hatten mit starkem Gegenwind zu kämpfen, andere haben hingegen hervorragende Ergebnisse abgeliefert – was sich dann auch in der Gehaltsentwicklung der Top-Manager widerspiegelt. Zudem muss eine schwache Entwicklung bei Umsatz, Gewinn- oder Aktienkurs nicht zwangsläufig zu Gehaltsrückgängen in der Vorstandsetage führen. Denn bei Unternehmen, die sich in einer Transformationsphase befinden, lassen sich temporäre Einbußen nicht vermeiden. Wenn ein Management in einer solchen Zeit bessere Ergebnisse als prognostiziert abliefert, kann dies auch zu einem Gehaltsplus führen.“[8]

Am 4. November hatte die Hans-Böckler-Stiftung dargelegt, dass es in der Bundesrepublik in den späten 90er und den frühen 2000er Jahren einen auch im internationalen Vergleich deutlichen Zuwachs der Einkommensungleichheit gegeben hatte. Nach einer Stagnationsphase setzte sich demnach die Umverteilung von unten nach oben seit 2010 wieder fort, die Armutsquote sei »spürbar« angestiegen auf 17,8 Prozent im Jahr 2021, d. h. vor der rasanten Inflation.[9]

Zuzustimmen ist der Aussage, dass das leitende Personal der großen Konzerne mit dazu beigetragen hat, die Einkommensungleichheit und die Zunahme von Armut zu vergrößern.  

 

 

 

 

 


[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/herbstprojektion-2024-2261242

https://www.ifo.de/fakten/2024-09-05/ifo-konjunkturprognose-herbst-2024-deutsche-wirtschaft-steckt-in-krise-fest

https://www.iwkoeln.de/studien/michael-groemling-iw-konjunkturprognose-herbst-2024.html

[2] https://www.ifo.de/fakten/2024-09-05/ifo-konjunkturprognose-herbst-2024-deutsche-wirtschaft-steckt-in-krise-fest

[3] https://www.telepolis.de/features/Dekarbonisierung-der-Industrie-in-Deutschland-kommt-kaum-voran-10024037.html

[4] https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-reale-tarifloehne-auf-dem-niveau-von-2016-trotz-kaufkraftsicherung-2023-57220.htm

[5] ifo Schnelldienst, 12/2023

[6] https://www.igmetall.de/tarif/tarifrunden/metall-und-elektro/tarifrunde-metall-und-elektro-2024

[7] https://www.ey.com/de_de/newsroom/2024/11/ey-mixed-compensation-barometer-2024

[8] Ebd:

[9] https://www.jungewelt.de/artikel/487794.rekordgeh%C3%A4lter-deutscher-manager-miese-leistung-lohnt-sich.html?sstr=GEh%C3%A4lter

 

Die ökologische Scheinheiligkeit der Militärs

Lebenshaus-Newsletter - Mo, 18/11/2024 - 12:42
Die aktuellen Aussagen der NATO-Staaten auf den UNO-Konferenzen im Herbst 2024 stehen im Widerspruch zur Realität. Während offiziell von Klimaschutz... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Kriegstüchtig bis ins Klassenzimmer

IMI Tübingen - Mo, 18/11/2024 - 12:05
Unter dem Motto »Zeitenwende in Bildung und Hochschulen« hat am Wochenende der alljährliche Kongress der Tübinger Informationsstelle Militarisierung (IMI) stattgefunden. Im Mittelpunkt standen die Auswirkungen der von der Politik geforderten »Kriegstüchtigkeit« auf Bildungs- und Wissenschaftseinrichtungen sowie Gegenstrategien der Friedensbewegung. Ganzer (…)

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Historische Klage unter Berufung auf Völkermordkonvention von Anwälten eingereicht

acTVism - Mo, 18/11/2024 - 10:05

Historische Klage unter Berufung auf Völkermordkonvention von Anwälten eingereicht.

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Eduard Bernstein, die SPD und die deutsche Kriegspolitik

Lebenshaus-Newsletter - Fr, 15/11/2024 - 20:57
Das Lebenshaus Schwäbische Alb ist Kooperationspartner beim Editionsprojekt "Pazifisten und Antimilitaristinnen aus jüdischen Familien". Soeben ist als neuer Band dieser... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Was verraten Trumps Kandidaten für das Kabinett über die nächste Regierung?

acTVism - Fr, 15/11/2024 - 10:50

Was verraten Trumps Kandidaten für das Kabinett über die nächste Regierung?

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Auf ultrarechtem Kurs

ISW München - Fr, 15/11/2024 - 07:58

Die künftige US-Regierung schwenkt mit mehreren designierten Ministern auf einen ultrarechten, hart antichinesischen Kurs ein – in einer Zeit, in der Deutschland in wachsende Abhängigkeit von den USA geraten ist.



Die künftige Regierung der USA, des wichtigsten NATO-Verbündeten der Bundesrepublik, wird neben hart anti-chinesischen auch ultrarechte Minister umfassen. Marco Rubio, designierter Außenminister, behauptet, die Volksrepublik werde „alle Institutionen und alle Normen der Welt unterminieren“, um ihren machtpolitischen Ehrgeiz zu stillen. Pete Hegseth, designierter Verteidigungsminister, prahlt mit Tattoos, die Kreuzritterparolen wiedergeben und die in der äußersten Rechten verbreitet sind. Unter ihm könnte ein Gremium eingesetzt werden, das Säuberungen unter hochrangigen Offizieren vornimmt. Etwaige Widerstände im US-Senat gegen die Ernennung von Hegseth will Trump aushebeln und ihn, wie andere umstrittene Kandidaten auch, ohne die formal nötige Zustimmung ins Amt bringen. Während Washington hart nach rechts schwenkt, hat die Abhängigkeit der Bundesrepublik von den USA in den vergangenen Jahren zugenommen – insbesondere aufgrund der Politik Berlins im Ukraine-Krieg. Selbst wenn sie wollte, wäre die Bundesregierung kaum in der Lage, sich künftigem Druck aus den Vereinigten Staaten zu widersetzen, zumal Deutschland ökonomisch sowie politisch in einer schweren Krise steckt.

Hart anti-chinesisch

Marco Rubio, der seit 2011 dem Senat angehört, gilt dort seit je als einer der maßgeblichen Scharfmacher gegen die Volksrepublik China. So trieb er beispielsweise die Verabschiedung von US-Gesetzen voran, die unter dem Vorwand, Maßnahmen der chinesischen Behörden in Hongkong oder Xinjiang bestrafen zu wollen, bereits während der ersten Amtszeit von US-Präsident Donald Trump Sanktionen gegen chinesische Politiker und Unternehmen einführten. Rubio war einer der ersten Aktivisten der Inter-Parliamentary Alliance on China (IPAC), eines globalen Netzwerks von Parlamentsabgeordneten aus zur Zeit ungefähr 40 Parlamenten, das antichinesische Gesetzesvorhaben auf sämtlichen Kontinenten koordiniert (german-foreign-policy.com berichtete [1]). Der designierte US-Außenminister unterstellt Beijing unter anderem, „alle Institutionen und alle Normen der Welt unterminieren“ zu wollen, um seinen machtpolitischen Ehrgeiz zu stillen.[2] Rubio werde stärker als alle seine Amtsvorgänger gewillt sein, „chinabezogene Angelegenheiten anzugehen“, sagt etwa der Präsident der Jamestown Foundation, Peter Mattis, voraus.[3] Wegen seiner aggressiv gegen die Volksrepublik gerichteten Politik hat Beijing im Jahr 2020 Sanktionen gegen ihn verhängt, darunter ein Einreiseverbot.[4]

Kreuzritter-Parolen

Pete Hegseth, designierter US-Verteidigungsminister, ist ein Quereinsteiger, der bislang über keinerlei politische Erfahrung verfügt. Als Angehöriger der Minnesota National Guard war er in Afghanistan und im Irak im Einsatz; zudem betätigte er sich als Wachmann im US-Lager Guantanamo Bay, das als Symbol für gravierende Menschenrechtsverletzungen wie etwa Folter gilt.[5] Nach Abschluss seiner Militärkarriere arbeitete Hegseth als Moderator bei dem Rechtsaußensender Fox News. In einer Buchpublikation („Der Krieg gegen die Krieger“) hat er sich dafür ausgesprochen, in den Streitkräften „politisch korrekten Nonsens und soziale Gerechtigkeit“ zu beenden; zum Beispiel will er Frauen aus Kampfeinheiten ausschließen.[6] Unter seiner Führung im Ministerium könnte, so wird es in Trumps unmittelbarem Umfeld diskutiert, ein Gremium eingesetzt werden, das Säuberungen unter ranghohen Offizieren vornimmt.[7] Hegseth selbst prahlt mit Tattoos, die nicht nur Waffen, sondern auch Symbole und Parolen („Deus Vult“) der Kreuzritter wiedergeben. Der „Kreuzritter-Schlachtruf“ „Deus Vult“ werde, so heißt es, „von teils rechtsextremen Trump-Unterstützern genutzt“. Hegseth behauptet dazu: „Israel, das Christentum und mein Glaube sind Dinge, die mir sehr am Herzen liegen.“[8]

Ohne jede Kontrolle

Rubio kann voraussichtlich mit einer umstandslosen Bestätigung durch den Senat rechnen, die in den Vereinigten Staaten erforderlich ist. Im Senat haben die Republikaner seit der Wahl mit 53 von 100 Senatoren eine klare Mehrheit. Gegen Hegseths Bestätigung allerdings gibt es Berichten zufolge sogar unter republikanischen Senatoren Widerspruch. Um ihn auszuhebeln, verlangt Trump, der Mehrheitsführer im Senat müsse bereit sein, ein Vorgehen zuzulassen, bei dem der Präsident während einer Sitzungspause des Senats Personalien ohne dessen Zustimmung durchwinken kann. John Thune, Senator aus South Dakota, der inzwischen zum Mehrheitsführer gewählt worden ist, hat Trump vorab zugesagt, diese Forderung zu erfüllen. Damit können sogar Ministerposten für bis zu zwei Jahre ohne die eigentlich erforderliche Zustimmung der Parlamentskammer ernannt werden.[9] Es entfällt also faktisch jede Kontrollmöglichkeit.

Abhängig von den USA

Der rabiate Rechtskurs und die antichinesische Zuspitzung der US-Politik vollziehen sich in einer Zeit, in der sich die Abhängigkeit der Bundesrepublik von den Vereinigten Staaten stark ausgeweitet hat. Der Ukraine-Krieg hat die Bedeutung der NATO, in der die USA klar den Ton angeben, für Deutschland und Europa erheblich erhöht. Das Bestreben, möglichst schnell aufzurüsten, führt dazu, dass Berlin wieder mehr US-Rüstungsgüter kauft; ein Beispiel ist die Beschaffung von US-Kampfjets des Modells F-35, die beschlossen wurde, weil das deutsch-französische Luftkampfsystem FCAS (Future Combat Air System) frühestens in 20 Jahren einsatzbereit ist.[10] Der Versuch, gänzlich aus dem Bezug russischen Erdgases auszusteigen, hat die Abhängigkeit von US-Flüssiggas (Liquefied Natural Gas, LNG) spürbar intensiviert; der Anteil der US-Lieferungen an der LNG-Einfuhr der EU und Großbritanniens zusammen näherte sich im vergangenen Jahr laut Statistiken der US-amerikanischen Energy Information Administration (eia) 50 Prozent.[11] EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bereits angeboten, den Anteil von US-LNG – und damit auch die Abhängigkeit der EU von der Trump-Administration – weiter zu erhöhen.[12] Indem Berlin und Brüssel nun auch noch den Konflikt mit China eskalieren, bringen sie sich in eine noch stärkere Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten.

In einer Phase der Schwäche

Zur vergleichsweise leichten Beute für Washington werden Deutschland und die EU dabei auch, weil sie zur Zeit in einer Phase eklatanter Schwäche stecken. Die deutsche Wirtschaft, die 2023 um 0,3 Prozent schrumpfte, wird 2024 laut Prognose des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung erneut zurückgehen – wohl um 0,1 Prozent.[13] Seine Vorhersage für das nächste Jahr hat der Sachverständigenrat soeben von einem Plus von 0,9 Prozent auf ein Plus von 0,4 Prozent gesenkt. Die EU wiederum, die 2023 ein Wachstum von gerade einmal 0,4 Prozent erreichte, steigerte ihre Wirtschaftsleistung im ersten und im zweiten Quartal 2024 jeweils um magere 0,3 Prozent. Im Innern ist sie zerstrittener denn je; das drückt sich gegenwärtig unter anderem darin aus, dass es der EU-Kommissionspräsidentin offenbar nicht gelingt, die neue Kommission wie geplant Anfang Dezember ins Amt zu bringen.[14] Deutschland wiederum, die Zentralmacht der EU, steckt seinerseits in einer schweren politischem Krise; die Regierungskoalition ist zerbrochen, jetzt stehen Neuwahlen bevor. Zusätzlich muss die Bundesrepublik damit rechnen, wegen neuer Strafzölle der Trump-Administration gravierende Schäden zu erleiden – german-foreign-policy.com berichtete [15]. Die Chancen, erfolgreich Widerstand zu leisten, wären – selbst wenn die Bundesregierung dazu bereit wäre – aufgrund der steigenden Abhängigkeit gering.

 

[1] S. dazu  Der grüne Kalte Krieg

und Drahtzieher gegen China

[2], [3] Micah McCartney: Marco Rubio: Five Times He Spoke Out on China. newsweek.com 12.11.2024.

[4] China sanctions 11 US politicians, heads of organizations. apnews.com 10.08.2020.

[5] Julian Borger: Pentagon stunned after Trump picks Pete Hegseth for defence secretary. theguardian.com 13.11.2024.

[6] Sofia Dreisbach: Ohne politische Erfahrung. Frankfurter Allgemeine Zeitung 14.11.2024.

[7] Vivian Salama, Nancy A. Youssef, Lara Seligman: Trump Draft Executive Order Would Create Board to Purge Generals

[8] René Garzke: Waffen, Krieg, Kreuzritter: Die Protz-Tattoos von Trumps Armee-Chef. bild.de 14.11.2024.

[9] Sofia Dreisbach: Aggressiv vorwärts. Frankfurter Allgemeine Zeitung 12.11.2024.

[10] S. dazu Streit um das Luftkampfsystem

[11] The United States remained the largest liquefied natural gas supplier to Europe in 2023. eia.gov 29.02.2024.

[12] Jamie Smyth, Myles McCormick, Shotaro Tani: LNG exports could provide crucial bargaining chip in US-EU trade talks. ft.com 12.11.2024.

[13] Wirtschaftsweise halbieren Wachstumsprognose. tagesschau.de 13.11.2024.

[14] Josef Kelnberger: Ursula von der Leyen im Wartestand. sueddeutsche.de 14.11.2024.

[15] S. dazu Die transatlantische Rivalitaet

 

Israelischer Verteidigungsminister Gallant von Netanjahu entlassen

acTVism - Do, 14/11/2024 - 09:47

Israelischer Verteidigungsminister Gallant von Netanjahu entlassen

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Warum zwingen Israel und die USA die Kubaner zu leiden?

acTVism - Do, 14/11/2024 - 09:04

Warum zwingen Israel und die USA die Kubaner zu leiden?

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"100 Unternehmen sind für 71 Prozent der Emissionen seit 1988 verantwortlich"

ISW München - Mi, 13/11/2024 - 12:03

"Wenn wir die ökologische Krise verstehen wollen, müssen wir die Arbeitswelt verstehen."







Die zitierte Ausgangsthese ist, passend zur Weltklimakonferenz COP29, den Ausführungen von Simon Schaupp aus "Stoffwechselpolitik. Arbeit, Natur und Zukunft des Planeten" entnommen. *)

Am 11. November d. J.  begann die UN-Weltklimakonferenz in Baku (Aserbaidschan) und die über 30.000 Teilnehmenden sehen sich zum Start mit einer Reihe von Hiobsbotschaften konfrontiert: Das aktuelle Jahr wird dem EU-Klimawandeldienst Copernicus zufolge so gut wie sicher das erste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn werden, in dem es im Durchschnitt mehr als 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel war. Auf der Weltklimakonferenz 2015 in Paris hatten die Staaten weltweit vereinbart, die Erderwärmung auf unter 2 Grad zu begrenzen, möglichst aber auf 1,5 Grad.

Der jährliche Klimagipfel der Vereinten Nationen hat in Aserbaidschan begonnen. Zentrales Thema wird die Finanzierung der Kosten für Klimaschutz sein, aber auch für Schäden durch Extremwetter im Globalen Süden, nachdem ein Jahr voller Wetterkatastrophen die Entwicklungsländer in ihren Forderungen nach mehr Mitteln bestärkt hat. Ein von den Vereinten Nationen unterstützter Bericht besagt, dass Schwellenländer, mit Ausnahme von China, bis 2030 Investitionen von weit über 2 Billionen US-Dollar pro Jahr benötigen, wenn die Welt die globale Erwärmung stoppen will.

In seiner Eröffnungsrede sagte der UN-Klimachef Simon Stiell, dass die Staats- und Regierungschefs der Welt zeigen müssen, dass die globale Zusammenarbeit "nicht am Ende ist".

"Hier in Baku müssen wir uns auf ein neues globales Klimafinanzierungsziel einigen. Wenn mindestens zwei Drittel der Nationen der Welt es sich nicht leisten können, ihre Emissionen schnell zu senken, dann zahlt jede Nation einen hohen Preis", warnte er.
Stiell forderte außerdem ein "ehrgeiziges" neues Ziel für die Bereitstellung von Klimafinanzierung für die ärmeren Nationen der Welt und sagte: "Wir sollten uns von der Vorstellung verabschieden, dass Klimafinanzierung Wohltätigkeit ist."

Doch wichtige Spitzenpolitiker:innen aus Europa, den USA und der Welt nehmen diesmal gar nicht teil.

Neben Bundeskanzler Olaf Scholz, Präsident Macron und der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen, fehlen auch andere wichtige Vertreter:innen. Joe Biden reist nach dem Wahlsieg Trumps nicht zur Klimakonferenz. Ursula von der Leyen nimmt wegen der Übergangsphase der EU-Kommission und ihrer Vorbereitung auf die zweite Amtszeit nicht teil. Emmanuel Macron bleibt dem Gipfel aufgrund der angespannten Beziehungen zu Aserbaidschan fern, das den Gipfel ausrichtet. Die Beziehungen zwischen Frankreich und Aserbaidschan sind angespannt, seit Paris im vergangenen Jahr die militärischen Angriffe Aserbaidschans gegen armenische Separatisten in der abtrünnigen Region Karabach verurteilte. Beim kanadischen Premierminister Justin Trudeau wurden keine offiziellen Gründe für seine Abwesenheit bekanntgegeben.

Neben Spitzenpolitiker:innen aus Europa und den USA, fehlen u.a. Narendra Modi, Premierminister in Indien sowie Brasiliens Präsident da Silva. Im vergangenen Jahr bei der Weltklimakonferenz in Dubai hatten sie alle noch teilgenommen.

Keine gute Ausgangslage für die wichtige Konferenz, obwohl zentrale Beschlüsse gefasst werden müssten.

Ursache ist nach Angaben der Weltmeteorologieorganisation (WMO), dass die Konzentration klimaschädlicher Treibhausgase in der Erdatmosphäre einen neuen Rekordstand erreicht hat.
Allein in den vergangenen zwei Jahrzehnten nahm die CO₂-Konzentration um mehr als zehn Prozent zu. Die fortschreitende Erderwärmung geht laut WMO zu 64 Prozent auf den Ausstoß von Kohlendioxid zurück; aber auch Methan und Stickstoffoxid sind bedeutende Treibhausgase. [1]

Die Folgen sind immer mehr spürbar: Taifune und Hurricane wie jetzt um die Philippinen und um Kuba/USA herum bilden sich in immer kürzeren Zeitspannen in den subtropischen Meeren. Und auch die Menschen in Spanien mussten vor wenigen Wochen hautnah am eigenen Leib erleben, was Klimawandel bedeutet: Sturmtief "Boris" verursachte die stärksten Niederschläge, die jemals in Mitteleuropa gemessen wurden; es folgten die durch anhaltende Regenfälle verursachten Überschwemmungen in der Gegend von Málaga bis Valencia mit etwa 250 Toten.

Um 43 Prozent müssten die Treibhausgasemissionen bis 2030 zurückgehen, wenn die globale Erwärmung auf ein gerade noch vertretbares Maß beschränkt werden soll, hat der IPCC, der Weltklimarat, vorgerechnet. Doch die von den Regierungen versprochenen Maßnahmen werden bis 2030 bestenfalls zu einer Reduktion um 2,6 Prozent führen, so die ernüchternde UN-Analyse.

Viele Konferenzen und Publikationen – wenig greifbare Erfolge

Dabei mangelt es nicht an internationalen Klima- und Naturschutzkonferenzen: Vor der 29. UN- Weltklimakonferenz in Baku, fand Anfang November in Cali (Kolumbien) die Weltnaturkonferenz mit rund 23.000 Teilnehmer:innen (und wenigen greifbaren Ergebnissen) statt. Ende November wird in Busan (Südkorea) über ein globales Plastikabkommen konferiert und Anfang Dezember wird Saudi-Arabien Gastgeber der UN-Wüstenkonferenz sein.



 

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Es wir also viel verhandelt und konferiert, um den Klimawandel, den Rückgang der biologischen Vielfalt und die Umweltverschmutzung einzudämmen. Daneben gibt es eine unübersehbare Fülle an Veröffentlichungen und Büchern, die faktenbasiert Ursachen und Auswege aus der Klimakatastrophe aufzeigen.

Insgesamt verfestigt sich der Eindruck, dass sich die Debatten um das Thema Klimawandel in einer Sackgasse befinden – trotz jahrelanger "Fridays-For-Future"-Aktivitäten und Aktionen der "Letzten Generation".
Das belegen z. B. auch Zahlen der aktuellen Shell-Jugendstudie. Danach ist die Sorge vor Umweltverschmutzung im Vergleich zu 2019 von 71 Prozent auf 64 Prozent zurückgegangen und rangiert hinter Ängsten vor einem Krieg in Europa (81 Prozent) und Angst vor Armut (67 Prozent).[2]

 

Redaktionelle Anmerkung zu einer folgenden Buchbesprechung:
Simon Schaupp.  Stoffwechselpolitik.  Arbeit, Natur und Zukunft des Planeten

Üblicherweise nimmt die isw-Redaktion keine Buchbesprechungen vor.
In Anbetracht des sich abzeichnenden Klimawandels und der Dringlichkeit des internationalen Handelns halten wir es für angebracht, die Ausführungen von Günther Stamer zu dem Werk zu veröffentlichen.


Trotz der ernüchternden Vorbemerkung  ist ein Buch empfehlen, dessen Autor die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat, dass der Planet Erde eine Zukunft hat.

Der Untertitel unter dem etwas sperrigen Headliner "Stoffwechselpolitik" lautet "Arbeit, Natur und Zukunft des Planeten." Dass dabei "Arbeit" als erster Begriff genannt wird, ist durchaus programmatisch. Zwar haben schon zahllose Autor:innen festgestellt, dass in dem kapitalistischen Wachstumsimperativ und der damit einhergehenden immer umfassenderen Ausbeutung der Natur, die strukturelle Ursache der ökologischen Krise liegt. Der Fokus war in den meisten Fällen dabei auf den Konsumtionsbereich gerichtet; Stichwort: "Imperiale Lebensweise".

Der Soziologe Simon Schaupp möchte mit seinem Buch in gewisser Weise einen Perspektivwechsel initiieren. Schaupp, der "Oberassistent" am Lehrstuhl für Sozialstrukturanalyse an der Universität Basel ist, hat sich bisher vor allem kritisch mit Arbeitsverhältnissen beschäftigt. Dem bleibt er auch in seinem aktuellen Buch treu. Mit Karl Marx, für den Arbeit der "gesellschaftliche Stoffwechsel mit der Natur" war, setzt Schaupp Arbeit und Natur ins Verhältnis miteinander und nimmt so eine wichtige Verschiebung in der Betrachtung der ökologischen Krise vor.

So rutscht bei ihm der Konsum, der sonst meist vorrangig die Klima-Debatte dominiert, weitgehend aus dem Blick. Wie wichtig diese Verschiebung seiner Meinung nach ist, zeigt er gleich zu Beginn des Buchs: Der Großteil des Treibhausgas Ausstoßes stammt nämlich von Unternehmen, nicht Privathaushalten: "100 Unternehmen sind für 71 Prozent der Emissionen seit 1988 verantwortlich." Da liegt also das Problem.

"Wer die ökologische Krise verstehen will, muss die Arbeitswelt verstehen"

"Wenn Arbeit der Ort des gesellschaftlichen Stoffwechsels mit der Natur ist, dann bedeutet eine sozialökologische Transformation notwendigerweise eine Transformation der Arbeitswelt."

Die Ausgangsthese seines Buches lautet: Wenn wir die ökologische Krise verstehen wollen, müssen wir die Arbeitswelt verstehen. Soll die Erderwärmung zumindest verlangsamt werden, setzt dies für Schaupp eine Transformation der Arbeitswelt voraus. "Wenn Arbeit der Ort des gesellschaftlichen Stoffwechsels mit der Natur ist, dann bedeutet eine sozialökologische Transformation notwendigerweise eine Transformation der Arbeitswelt."

Der Autor arbeitet an historischen Beispielen der kapitalistischen Produktion die Wechselwirkung von Natur- und Arbeitsverhältnissen theoretisch ambitioniert (mit Marx) und empirisch reichhaltig unterfüttert, heraus. Er spricht von einem "Stoffwechsel" zwischen Natur und Gesellschaft, die in einer widersprüchlichen Einheit und Getrenntheit zueinander stehen. Das Trennende verschärft sich in der kapitalistischen Produktionsweise immer weiter. Das liegt daran, "dass im Zuge der Kapitalakkumulation ökologische Kreisläufe durch Akkumulationsprozesse ersetzt werden. Marx veranschaulicht dies am Beispiel der kapitalistischen Landwirtschaft, die Agrarprodukte kontinuierlich vom Land in die Stadt transferiert. In der Folge stehen die Abfälle nicht mehr vor Ort als Dünger zur Verfügung, sondern sie belasten in den Städten in Form von Müll die Umwelt. Auf diese Weise entsteht ein immer breiter werdender 'Riss' im Stoffwechsel mit der Natur."

Die Trennung zwischen Produktion und Reproduktion ist eine der zentralen Konfliktlinien in der Debatte um die ökologische Krise, bei der die Rolle der "Produktivkräfte" im Mittelpunkt steht. Mit Marx versteht er darunter neben den Produktionsmitteln und der Gesamtheit des menschlichen Arbeitspotenzials auch das gesellschaftliche Wissen sowie Formen der Arbeitskooperationen (MEW 4, Seite 130).

"Deshalb entwickle ich in diesem Buch das vermittelnde Konzept der Re/produktivkräfte, bei dem Produktion und Reproduktion zusammengedacht werden."

Dieses Konzept der Re/produktivkräfte demonstriert der Autor dann im folgenden an ausgewählten Feldern der kapitalistischen Expansionsdynamik, die sich in einer immer weiter ausgreifenden und zunehmend intensiveren Nutzbarmachung von Arbeit und Natur darstellt.

Dabei betont der Autor die Relevanz von Wissen um Naturprozesse in Arbeitskonflikten und - kämpfen sehr plastisch: Angefangen von den Sklav:innen-Aufständen in der Karibik über die Chicagoer Schlachtfabriken bis hin in die Gegenwart der Kämpfe der Automobil- und Bauarbeiter:innen.

An den Wiegen des industriellen Kapitalismus

Am umfangreichsten und gerät ihm dabei im 2. Kapitel die Beschreibung der Wurzeln des industriellen Kapitalismus. Überraschend ist dabei, dass der Autor dies nicht am Beispiel Englands aufarbeitet sondern an dem Schimmelmann-Imperium. Dieses umfasste Ende des 18./Anfang des 19 Jahrhunderts ausgedehnte Ländereien Rum-, Gewehr- und Baumwollmanufakturen in Schleswig-Holstein und Dänemark. An der westafrikanischen Goldküste waren sie als Großaktionäre am Sklavenhandel beteiligt und verschifften dort "ihre Afrikaner:innen" insbesondere auf ihre Plantagen auf den Jungferninseln in der Karibik. Die dort angebaute Baumwolle und der Zucker gingen dann an ihre nordeuropäischem Fabriken.

"In diesem Sinne ist die kapitalistische Weltwirtschaft schon immer eine Art Puzzle gewesen, eine Aneinanderreihung von Zonen, die miteinander auf verschiedenen Ebenen verbunden sind."

Ausführlich und anschaulich beschreibt der Autor in diesem 50seitigen Kapitel das Schimmelmannsche Geschäftsmodell von Handel, Sklavenarbeit und "freier Lohnarbeit" ehe es von dem fossilen Zeitalter mit ihren großen Fabriken (Webereien) und Bergwerken abgelöst wurde.

Die Geburtsstunde der modernen Arbeitswelt des fossilen Zeitalters markieren nach Schaupp die Schlachthöfe von Chicago, wo in Gestalt von Eisenbahn und Fließband qualitativ neue technische und ökonomische Entwicklungen zusammenfließenden. Die Industrialisierung zieht hier ihre Kostenvorteile vor allem aus Skaleneffekten, d.h. aus der Abhängigkeit der Produktionsmenge pro Zeitspanne von der Menge der eingesetzten Produktionsfaktoren. Sobald sich totes Fleisch in den Schlachthöfen anhäufte stieg mit der Gefahr der Verwesung und damit drohende ökonomische Verluste. Die Fleischindustrie stand somit stärker als andere Branchen unter dem Druck, die Produktionsgeschwindigkeit zu erhöhen. Zentrales Instrument der Beschleunigung war dabei das Fließband.

Autofabriken und der "fossile Klassenkompromiss"

Von Mitte der 50er bis Mitte der70er Jahre vollzog sich eine weitere grundlegende Veränderung in der materiellen Produktion – das Erdöl löste die Kohle als "Treibstoff" der Wirtschaft endgültig ab. Hatte Westeuropa seinen Bedarf in der Energieversorgung bisher noch zu 75 Prozent aus Kohle und 23 Prozent aus Öl gedeckt, entfielen 1972 nur noch 23 Prozent auf Kohle, während der Anteil des Öls auf 60 Prozent angestiegen war.

Während sich der Preis der Kohle im Gleichschritt mit der allgemeinen Konjunktur entwickelt hatte, war Öl derart billig, dass Energieverschwendung gang und gäbe wurde.

"Erst dadurch wurde jenes exponentielle Wirtschaftswachstum möglich, das wir heute mit einem funktionierenden Kapitalismus identifizieren. Auf dieser Basis konnten zudem die Konflikte in der Arbeitswelt entschärft werden, waren die Unternehmer doch in der Lage, hohen Profit zu erwirtschaften und gleichzeitig relativ hohe Löhne zu zahlen. Der auf Massenkonsum ausgerichtete fossile Klassenkompromiss materialisierte sich im Automobil."

Der Autor prophezeit, dass dieser Klassenkompromiss angesichts der staatlichen Maßnahmen, die den Klimawandel eindämmen sollen und typischerweise vor allem die lohnabhängige Klasse und die Bauern finanziell trifft, zunehmend erodiert (die französischen Gelbwesten sind hier ein spektakuläres Beispiel).

Er weist nach, dass die modernen Arbeitskämpfe immer mehr mit der ökologischen Krise zusammen gedacht werden müssen. Ein zarter Ansatz, den Schaupp erwähnt, sind die gemeinsamen Streiks der ÖPNV Beschäftigten mit der Klimabewegung "Fridays for Future", die aktuell gemeinsam sowohl für verbesserte Arbeitsbedingungen als auch den Ausbau des Nahverkehrs auf die Straße gehen.

Gegen eine "Expansion in die Nutzlosigkeit"

"Die Relevanz einer proletarischen Umweltpolitik resultiert daraus, dass es die Arbeitenden sind, die den gesellschaftlichen Stoffwechsel mit der Natur vollziehen. Das heißt einerseits, dass sie als Erste von ökologischen Risiken betroffen sind. Andererseits ergibt sich aus der zentralen Stellung der Arbeitenden auch ein besonderer Machthebel. Denn wenn sie den Betrieb einstellen, kommt der gesellschaftliche Stoffwechsel sofort zum Erliegen."

Dabei weist er darauf hin, dass in Deutschland 64 Prozent der gesamten gesellschaftlichen Arbeitszeit auf sogenannte "Care-Tätigkeiten" entfallen wie Erziehung und Pflege. Davon wiederum werden allerdings nur 12 Prozent in Form von Erwerbsarbeit und die restlichen 88 Prozent unentgeltlich in den Haushalten geleistet.

Bei der kapitalistischen Nutzbarmachung handelt es sich um eine "Vernutzung": Die Natur und die Arbeitskörper werden ausgeplündert. Besonders dramatische Folgen in Bezug auf die Umwelt hat dies im Fall fossiler Energieträger, die verbrannt werden, um "die Wirtschaft" anzutreiben – was zu einer Steigerung der CO2-Emissionen führt. Neben der Chemie- und Automobilindustrie ist insbesondere auch die Baubranche eine der zentralen Verursacherinnen der ökologischen Krise. Als Beispiel führt der Autor die Schweizer Holcim AG an, den zweitgrößten Zementhersteller der Welt, der 2.300 Fabriken in 70 Ländern betreibt und zu den weltweit größten CO2-Verursachern gehört.

"Das Problem ist: Die vorherrschende Umweltpolitik setzt auf die Einschränkung des Konsums. Sogenannte Austeritätspolitiken zielen auf höhere Preise, was dazu führt, dass sich nur noch Reiche umweltschädliches Verhalten leisten können. Ärmere Leute bezahlen hingegen die Kosten der Krise. Aber tatsächlich gibt es objektive Grenzen der Naturbelastung. Deshalb brauchen wir eine politische Vision, die diese Grenzen anerkennt.

Wie könnte diese aussehen?

Arbeitszeitverkürzung scheint mir eine zentrale Forderung zu sein, weil sie die zweifellos notwendige Reduktion des Gesamtproduktionsvolumens mit Umverteilung und sozialer Gerechtigkeit vereinbar macht. Es geht darum, weniger Lebenszeit zu verkaufen, weniger Bullshit-Jobs zu machen, stattdessen mehr ökologisch verträgliche Tätigkeiten auszuüben."[3]

Gedanken nach Lesen des Buches

Projekte wie der "Green Deal", die den Kapitalismus ökologisch modernisieren sollen, führen in eine Sackgasse und verschärfen die soziale Ungleichheit, weil sie die Transformationskosten auf die lohnabhängig Beschäftigten und von Armut betroffenen Menschen abwälzen.

Da ökonomisches Wachstum notwendigerweise einen höheren Ressourcenverbrauch und damit eine Zerstörung der Umwelt erfordert, die nach Marx zu "einem Riss" im gesellschaftlichen Stoffwechsel mit der Natur führt, stellt sich also die Frage wie Umgehen mit "Wachstum". Wenn in Schaupps Buch das Wort "Degrowth" auch nicht vorkommt, laufen seine Schlussfolgerungen letztlich aber in Richtung einer "Nullwachstums-Strategie" ohne dass er eine grundsätzliche gesellschaftliche Perspektive formuliert. Das unterscheidet ihn z. B. von Kohei Saito, der einem nebulösen "Degrowth-Kommunismus" das Wort redet.[4]

Schaupp und Saito führen insbesondere den "späten Marx" für ihre Argumentation ins Feld. 1868 exzerpierte Marx mehrere Bücher von Carl Fraas. Dessen umwelthistorische Studien zu den antiken Klassengesellschaften Mesopotamiens, Ägyptens und Griechenlands waren von der These geleitet, dass diese Zivilisationen aufgrund von ökologischen Krisen kollabierten, insbesondere durch Raubbau an den Böden und die flächendeckende Rodung von Wäldern. Darüber hinaus wies er darauf hin, dass gesellschaftliche Landnutzungsänderungen zu lokalem Klimawandel führten, der sich wiederum durch Ernteausfälle und in sozialen Unruhen niedergeschlagen habe.

Wie eine neue postkapitalistische Gesellschaft aussehen, geschweige denn wie der Weg dahin aussehen könnte, ist eine große Lehrstelle in allen Kapitalismus-kritischen Klima-Veröffentlichungen. Das ist bei Saito so und Schaupp verzichtet gleich ganz darauf.

Etwa zur gleichen Zeit, als Marx sich mit den umwelthistorischen Studien beschäftigte, schrieb auch seine "Kritik des Gothaer Programms" (1875)[5]. Darin skizziert er den Übergang in eine kommunistische Gesellschaft als langwierigen, in zwei qualitativ verschiedene Phasen gegliederten Prozess und betont dabei die notwendige Unvollkommenheit der ersten Phase, "wie sie eben aus der kapitalistischen Gesellschaft hervorgeht, also in jeder Beziehung, ökonomisch, sittlich, geistig, noch behaftet ist mit den Muttermalen der alten Gesellschaft, aus deren Schoß sie herkommt. Da die neue Gesellschaft "aus der kapitalistischen Gesellschaft nach langen Geburtswehen hervorgegangen" sein wird, ist auch das Problem der Produktivkräfte als ein langwieriger Prozess der Umformung zu erwarten.

Seit diesen vor 150 Jahren Geschriebenem ist allerdings das Zeitfenster erheblich kleiner geworden, um das Überleben des Planeten und ihrer Bewohner:innen zu sichern. Viel Zeit bleibt uns nicht mehr. Viele Augen richten sich gegenwärtig auf China mit der Hoffnung, dass man sich dort auf den Weg macht, die Produktivkräfte nachhaltig in den Dienst der Menschen und der Natur zu stellen.

 

 

Anmerkungen

*) Siehe die redaktionelle Anmerkung zur Buchbesprechung 

 

[1] https://wmo.int/media/news/greenhouse-gas-concentrations-surge-again-new-record

[2] https://www.shell.de/about-us/initiatives/shell-youth-study-2024/information

[3] Simon Schaupp im Interview mit Guido Speckmann, AK 16.4.24

[4} Der Degrowth-Kommunismus rettet die Welt, meint der japanische marxistische Philosoph Kohei Saito.
www.kommunisten.de: "Der Degrowth-Kommunismus rettet die Welt, meint der japanische marxistische Philosoph Kohei Saito"

[5] MEW 19, Seite 13-32

 


Zur Buchbesprechung

Simon Schaupp
Stoffwechselpolitik. Arbeit, Natur und die Zukunft des Planeten.
Suhrkamp, Berlin 2024,
419 Seiten, 24 Euro

 

Victoria Nulands Krieg gegen den pakistanischen Politiker Imran Khan

acTVism - Mi, 13/11/2024 - 08:58

Victoria Nulands Krieg gegen den pakistanischen Politiker Imran Khan

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Ein bisschen Populismus und Faschismus retten nicht die Demokratie

ISW München - Di, 12/11/2024 - 16:19

Donald Trump verstehe das Volk besser, daher habe er gewonnen, sagen einige.
Was kann also die deutsche Politik daraus lernen?


 

 

Deutschland feiert 35 Jahre Mauerfall, und die Welt steht kopf.
In Europa ist Krieg, die Ampelregierung ist am Ende und Donald Trump wird (wieder) Präsident der USA. Ein verurteilter Straftäter, Populist und Faschist als politischer Führer der größten westlichen Demokratie. Wer hätte 1989 davon zu träumen gewagt? 

Mit Trumps Amtsantritt wird sich vieles ändern – die Kriege in der Ukraine und in Gaza, die Stabilität Europas und unser aller ökologische Zukunft.
Analysten in Deutschland suchen jetzt nach Antworten auf die Frage, wie es so weit kommen konnte.
 Die einen meinen, Trump verstehe die Amerikaner besser.
Die anderen sagen, er zeige den politischen Eliten Amerikas, wie das Volk wirklich ticke.
Wir alle, so ein Fazit, könnten von Trump einiges lernen.

Hier sind drei Gründe, warum das nicht stimmt: 

Erstens wählten nicht „die Amerikaner“ Trump, sondern rund 74 Millionen Menschen.
Das sind viele, aber rund 70 Millionen wählten die Gegenkandidatin Kamala Harris.
In einem Land mit rund 335 Millionen Einwohnern wählten viele auch gar nicht – beispielsweise die Einwohner von Puerto Rico oder Guam. Diese sogenannten Territorien gehören zu den USA, aber ihre Bürger haben kein Wahlrecht. Auch rund vier Millionen ehemalige Straftäter wählten nicht.
Denn obwohl ein vorbestrafter US-Präsident kein Problem ist, dürfen Vorbestrafte in vielen Bundesstaaten nicht wählen, vor allem Afroamerikaner sind betroffen.
Das heißt, nicht alle Amerikaner haben eine Stimme. 

Zweitens versteht Trump die Amerikaner nicht besser als andere; er schafft nur bessere Informationsblasen. In diesen Blasen wird jede Kritik an Trump zu politisch motivierten Fake News. Selbst seine Verbrechen – wie die Verschleierung von Schweigegeld – werden zu Akten der Revolution. Während viele Medien also kritisch über Trumps Straftaten berichten, feiern ihn rechtskonservative Medien als „Freiheitskämpfer“ und „Rebell“.
Für erzkonservative Megakirchen ist er der Retter der freien Welt.

Solche Informationsblasen sind Kern politischer Kommunikation in den USA und ein wichtiger Teil von Trumps Erfolg. 

Kommt dann, drittens, noch Inflation, wachsende Armut und das Gefühl politischer Alternativlosigkeit hinzu, profitiert Trump.
Seine Stärke ist weniger die eigene als das Versagen seiner Gegner.
Ähnliches gilt wohl auch für die AfD. 

„Wir werden gegen die Medien vorgehen.“ 

Jetzt ist die Frage, was die Zukunft bringt. Seit Jahren schürt Trump Hass gegen alle, die ihn kritisieren, beispielsweise Journalisten. Er nennt sie „Feinde des Volkes“, bezichtigt sie der Lüge. Laut der britischen Zeitung Guardian erklärte Kash Patel, ein möglicher Trump-Kandidat für das Amt des FBI-Direktors: „Wir werden gegen die Medien vorgehen.“ Das Konzept „Projekt 2025“ für Trumps zweite Amtszeit sieht zum Beispiel die leichtere Beschlagnahmung von E-Mails und Telefonaufzeichnungen von Journalisten vor. Im Klartext heißt das: Bye, bye Pressefreiheit! Auch in Deutschland werden wir die Folgen spüren. 

Nein, wir können von Donald Trump nicht lernen, sein Erfolg gibt ihm nicht recht.
Denn ein bisschen Populismus und Faschismus retten nicht die Demokratie.

 Im Gegenteil, wir brauchen kritisch kühle Köpfe, vor allem im Journalismus. Nur sie können Informationsblasen platzen lassen, auch die unserer Politiker. Sonst geht die Welt vor die Hunde und wir sehen im Liveticker dabei zu.

 

Erstveröffentlichung: Berliner Zeitung

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