Atran Youkhana, zu "Flucht und Klimakrise" auf der Pressekonferenz am 9.02.2023
Flucht und Klimakrise
Medico International nennt 5 Hauptgründe, warum Menschen aus ihrer Heimat fliehen oder migrieren: Perspektivlosigkeit und Armut; Umweltzerstörung und Klimawandel; Krieg und Gewalt; Diskriminierung und Verfolgung; Rohstoffhandel und Landraub. Laut einem UNHCR-Bericht beläuft sich die Zahl der auf der ganzen Welt gewaltsam vertriebenen Menschen auf etwa 103 Millionen (mehr als doppelt so viele Menschen als noch vor zehn Jahren). Dies sind etwa 13,6 Millionen mehr als Ende 2021, was ein Anstieg von 15 Prozent bedeutet. Vor allem, aber nicht ausschließlich ist der Anstieg auf den russischen Angriff auf die Ukraine zurückzuführen.
Im folgenden Statement sollen zwei Fluchtgründe im Fokus stehen, Flucht aufgrund von Krieg und Klimakrise. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass sich diese Gründe auch gegenseitig bedingen. Diese grausame Zahl von 103 Mio. Menschen wird steigen, wenn sich die Kriege, gegen die wir auf die Straße gehen ausweiten, und wir in der Klimakrise nichts annährend Ausreichendes machen, während Umweltkatastrophen Lebensgrundlagen zerstören. Über 20 Mio. Menschen wurden von Naturkatastrophen zur Flucht gezwungen. Dazu ist die Bundesregierung mitverantwortlich, dass neokoloniale Handelsbeziehungen eine ausbeuterische Lebensweise über das Leben von Milliarden im Globalen Süden zur Folge haben.
Das Pariser Klimaabkommen hat als Ziel festgelegt, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen, mindestens aber deutlich unter 2 Grad. Nach jetzigem Stand steuern wir aber auf eine unglaubliche Erhitzung von 2,4 bis 2,8 Grad bis zum Jahr 2100 zu. Manche sprechen sogar von über 3 Grad. Klimabedingte Extremwetterereignisse wie Überschwemmungen und Dürren nehmen deutlich zu. Dies ist ausführlich im sechsten Sachstandsbericht des IPCC dargelegt.
Der UN-Generalsekretär António Guterres hat auf der Weltklimakonferenz COP27 unsere Handelsoptionen folgendermaßen beschrieben: "Kooperieren oder umkommen" und sagte, entweder sollen wir einen Klimasolidaritätspakt abschließen oder wir begehen einen kollektiven Selbstmordpakt. Vor kurzem rückte der Wissenschafts- und Sicherheitsausschuss des Bulletin of the Atomic Scientists die Zeiger der Weltuntergangsuhr weiter vor. Der Grund ist vor allem (aber nicht nur) wegen der wachsenden Gefahren durch den Krieg in der Ukraine. Die Uhr steht jetzt bei 90 Sekunden vor Mitternacht - so nah wie nie zuvor an einer globalen Katastrophe.
In unserem Aufruf vom Aktionsbündnis beschreiben wir es folgendermaßen:
„Die gegenwärtigen und zukünftigen Krisen können nicht mit immer größeren Waffenarsenalen, nicht durch kapitalistische Konkurrenz und nicht durch Großmachtrivalität gelöst werden, sondern nur durch internationale Kooperation. Um die größte Herausforderung unserer Zeit, die Klimakatastrophe aufzuhalten, sind internationale Kooperation und Investitionen in Billionenhöhe nötig. Doch selbst die völlig unzureichenden Reparationszahlungen an die armen Länder des Südens für Klimaschäden werden nicht eingehalten.“
Vor diesem Hintergrund fordern wir:
- Statt Milliarden für die klimaschädliche Aufrüstung, Investitionen in den Klimaschutz, die UN-Flüchtlings- und Welthungerhilfe, in die Sozialsysteme, das öffentliche Verkehrs- und Gesundheitswesen in Bildung und Kultur.
Anstatt Flüchtende zu bekämpfen sollten Fluchtgründe beseitigt werden. Wie beschrieben treiben Kriege und Klimawandel viele Millionen Menschen zur Flucht. Ungerechte Wirtschafts- und Handelsbeziehungen, Sanktionen und Krieg zerstören die Lebensgrundlagen in den Ländern des Globalen Südens. Und die Bundesregierung ist für die meisten dieser Fluchtgründe mitverantwortlich. Doch nur wenige von ihnen erhalten in Deutschland Schutz. Deutschland und die EU schotten sich ab, treiben Flüchtende unter Missachtung der Menschenrechte illegal zurück und lassen jedes Jahr Tausende im Mittelmeer ertrinken. Damit finden wir uns nicht ab. Im Aufruf sagen wir deshalb: „Schluss mit dieser zerstörerischen Politik!“
Ferner sprechen wir unsere Solidarität mit allen Flüchtenden aus. Wir begrüßen die unkomplizierte Aufnahme der Menschen, die aus der Ukraine flüchten, fordern dies aber auch für alle anderen, die aus ihren Heimatländern fliehen müssen.
Schließlich fordern wir: Frontex abschaffen, die Bekämpfung von Geflüchteten beenden! Kein Mensch ist illegal!