Leserbrief in der SZ

An die Süddeutsche Zeitung München, 27.12. 2012 (erschienen am 14.1.2013) - siehe auch Pressemitteilung - Bündnis fordert CSU zum Streitgepräch - Ausstellung Ort und Zeit.

"Unsinnige Zensur-Attacke"



L e s e r b r i e f e

München - zum Artikel: „Attacke – CSU steht der Bundeswehr bei“ (Bernd Kastner)
21.12.2012 (München r4)

CSU-Stadträte fordern Zensur



Dass Waffen zum Töten verwendet werden, ist nichts Neues. Dass die Münchner Sicherheitskonferenz als „Forum für Lobbyismus der Rüstungsindustrie dient“, kann man neuerdings sogar in einer sehenswerten Ausstellung des Stadtmuseums nachlesen, wo auch der von zwei CSU-Stadträten als „unsäglich“ beanstandete Totenkopf neben Waffen von Heckler und Koch, Krauss-Maffei-Wegmann und EADS ausgestellt ist. Dass die humanitären NATO-Kampf-Einsätze vor allem unseren „freien Zugang zu natürlichen Ressourcen“ sichern sollen, kann jeder in de Maizières Verteidigungspolitischen Richtlinien der Bundeswehr nachlesen. Aber dass Stadträte der CSU jetzt die kriegskritische Ausstellung „Wir produzieren Sicherheit!“, die das alles im Münchner EineWeltHaus dokumentiert, zensieren lassen wollen, ist unseres Erachtens ein Skandal. Mit keinem Wort werden dort Soldaten und Soldatinnen verhöhnt, wie die Stadträte drauflos klagen. Allerdings werden dort die Strukturen analysiert, die junge Männer und Frauen zu Einsätzen verpflichten, die die Bevölkerungen in den Kriegsgebieten weiter in Gewalt und dauerhafte Abhängigkeit verstricken. „Nichts ist gut in Afghanistan“, so die damalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Kässmann in ihrer Neujahrspredigt vor zwei Jahren. Daran hat sich auch nach elf Jahren Krieg wenig geändert. Als Pfarrer der Evang.-Luth. Landeskirche fordern wir die beiden Stadträte auf, auch unsere Gottesdienste beobachten zu lassen, in denen wir im Namen des gebotenen Friedens ohne Waffen darauf hinweisen müssen, dass „Frieden das Gegenteil von Sicherung“ (Dietrich Bonhoeffer) ist. Für das Wagnis des Friedens braucht es allerdings eine demokratische, kritische Öffentlichkeit, braucht es vielseitige Information und Diskussion unterschiedlicher Meinungen. Das EineWeltHaus dient dem in herausragender Weise, ebenso wie das Stadtmuseum oder PAX Christi. Die alle zensieren?

Wolf-Christian Linhardt, Johannes Hildmann, Arbeiterpfarrer der Evang.-Luth. Kirche in Bayern