Die Münchner „Sicherheitskonferenz“, eine hochkarätige NATO / EU Militärtagung
Rein formal sind die Münchner Sicherheitskonferenzen natürlich keine Veranstaltungen der NATO. Sie sind aber auch keine Privatveranstaltungen der jeweiligen Konferenzchefs. 1962 wurde sie als „Wehrkundetagung“ von der Adenauer-Regierung ins Leben gerufenen.
Sowohl der frühere Tagungsleiter Horst Teltschik als auch der neue Konferenzchef Wolfgang Ischinger wurden von der Bundesregierung auf ihre Posten berufen. Teltschik war vorher Vizechef im Kanzleramt von Helmut Kohl, Ischinger deutscher Botschafter in Washington und London.
Heute ist die SIKO ist eine Versammlung der wirtschaftlichen und politischen Machteliten der NATO und EU-Staaten, zu dem Zweck, sich über gemeinsame Strategien zur Aufrechterhaltung ihrer globalen Vorherrschaft zu verständigen. Die Debatten auf der SIKO drehen sich nicht um die „Sicherung des Friedens“, sondern um die Durchsetzung der global-strategischen Interessen der westlichen Staaten.
Der Charakter der SIKO zeigt sich jedes Mal sehr deutlich in den Reden, die dort gehalten werden und noch deutlicher in der Zusammensetzung der Tagungsteilnehmer, und an den Finanziers dieser Tagung.
1. Die Redner:
Von den auf der SIKO 2011 gehaltenen mehr als 40 Reden waren gerade mal vier Beiträge, die nicht aus der Großfamilie der NATO- und EU-Staaten stammten. Zu ihnen gehörte der UN-Generalsekretär, zwei Vertreter der russischen und einer der indischen Regierung.
2. Die Zusammensetzung der Konferenzteilnehmer:
on den insgesamt rund 340 Tagungs-Teilnehmern der SIKO 2011 kamen 300 aus den NATO- und EU-Mitgliedsländern.
Weitere 22 kamen aus Ländern, die mit der NATO eng verbündet oder von ihr abhängig sind (so z.B. die NATO-Beitrittskandidaten Ukraine und Georgien, Katar, das sich am NATO-Krieg gegen Libyen beteiligt hat, Afghanistan Pakistan und Israel)
Gerade mal 22 Konferenzteilnehmer kamen aus Ländern, die weder Mitglied der NATO oder der EU und auch nicht zu ihren engen Verbündeten zählen. Darunter war Russland mit 18 Teilnehmern am stärksten vertreten. Die anderen vier kamen aus Armenien, Serbien und Indien.
Mehr als 90 Prozent aller Konferenzteinhmer gehörten also zur Großfamilie der NATO und EU.
Ein weiteres sehr aufschlussreiches Ergebnis aus der Liste der Konferenzteilnehmer:
Von den 340 SIKO Teilnehmern gehörten rund 240 (das sind 70 Prozent) zum Politisch-Militärisch-Industriellen Komplex.
Das sind:
- Die Minister und Staatsbeamte der jeweiligen Regierungen, die für die Außen- und Militärpolitik ihrer Länder zuständig sind und diese durchsetzen.
- Ranghohe Militärs, die Führungskräfte aus dem NATO-Apparat und die Experten der regierungsnahen Politisch-Strategischen Institute (insgesamt waren das rund 50 Teilnehmer)
- die Manager und Vorstände großer Wirtschafts-Finanz- und Rüstungskonzerne, die global agierenden Beratungsunternehmen inkl. ihrer politischen Vertreter in den Regierungen
Ein paar Details zur dritten Kategorie: Auf der SIKO 2011 waren 32 weltweit operierende Wirtschafts- und Finanzkonzerne mit 40 Teilnehmern vertreten, ( 6 dieser Konzerne kamen aus den USA) Unter den 32 vertretenen Konzernen waren 5 Rüstungskonzerne (nur einer davon kam aus den USA)
Im Vergleich zur Zusammensetzung in den vorangegangenen Jahren zeigt sich, dass inzwischen eine starke Verschiebung in Richtung Europa stattgefunden hat.
Die wichtigste Neuerung seit Ischingers Amtsantritt ist die enge Verkoppelung der wirtschaftlichen mit den politisch-militärischen Führungseliten.
„Die Wirtschaft enger in die Konferenz einzubinden“ und das Spektrum der Themen zu erweiterten, gehöre zum „neuen Konferenzformat“, sagt Ischinger. Es gehe um einen erweiterten Sicherheitsbegriff. „Die neuen strategischen Herausforderungen der internationalen Sicherheitspolitik“ erklärt er, könnten „ohne Beteiligung der Wirtschaft nicht mehr umfassend erörtert werden“.
Ischinger hat deshalb ein neues Kooperationsgremium aus Vertretern internationaler
Wirtschafts- und Finanzkonzerne geschaffen, das an der Planung, Finanzierung und Durchführung der Sicherheitskonferenz mitwirkt. Vorsitzender dieses Siko- Beratergremiums ist der Vorstandsvorsitzende der Linde AG, Wolfgang Reitzle.
Entsprechend groß ist deshalb, wie oben erwähnt, die Zahl der Top-Manager und Chefs internationaler Wirtschaftskonzerne unter den Teilnehmern der SIKO.
Neu ist auch, dass Themen wie „Sicherung der Energieversorgung“ im Jahr 2010, oder die „weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise“ im Jahr 2011 ins SIKO- Tagungsprogramm aufgenommen wurden.
Global operierende Wirtschafts- Finanz- und Rüstungskonzerne sind die wichtigsten Sponsoren der sogenannten „Sicherheitskonferenz
Zu den offiziellen Sponsoren gehören: THE LINDE GROUP – mit den Geschäftszweigen Industriegase, Erdgasverflüssigung und Anlagebau, KRAUS MAFFEI WEGMANN – Europas führender Konzern für Panzer und Kettenfahrzeuge, der Münchner Automobilkonzern BMW, der drittgrößter Finanzkonzern Großbritanniens BARCELAYS, der französische Luft- und Raumfahrtkonzern THALES, das Tochterunternehmen des EADS-Rüstungskonzerns CASSIDIAN mit Schwerpunkt „Globale Sicherheitssysteme“, sowie das weltweit größte Anwaltsunternehmen DLA-PIPER. Zu den inoffiziellen Sponsoren der SIKO gehört der ALLIANZ Versicherungs-Konzern, für den Ischinger als Generalbevollmächtigter für Regierungsbeziehungen tätig ist.
Besonders spendabel zeigen sich jedes Jahr die Rüstungskonzerne: Die Drei-Gänge Menüs bei der SIKO werden regelmäßig von EADS und Krauss-Maffei gesponsert.
Drahtzieher und auch Haupt-Finanzier der SIKO ist jedoch die Bundesregierung
Die Bundesregierung bezeichnet die SIKO als „eine der bedeutendsten sicherheitspolitischen Konferenzen weltweit“, um die Militärpolitik Deutschlands mit den NATO-Verbündeten abzustimmen. Mitglieder der Bundesregierung würden diese „herausragende Plattform“ nutzen, um „deutsche sicherheitspolitische Auffassungen international zu vertreten und für sie zu werben“.
Die SIKO wird deshalb auch seit Jahrzehnten großzügig mit Finanzspritzen aus dem Etat des Bundes-Presseamtes und des Bundesverteidigungs-Ministeriums bezuschusst.
Die Konferenz selbst erhielt in der Vergangenheit eine jährliche Finanzspritze von rund 430.000 Euro. Der Einsatz von Bundeswehr und der Bundespolizei während der „Sicherheitskonferenz“ (2009 waren es 330 Bundeswehr- und 213 Bundespolizeikräfte) kostete die Steuerzahler noch einmal rund 580.000 Euro.
Insgesamt wird also diese NATO-EU Militärtagung jedes Jahr mit über einer Million Euro aus Steuermitteln finanziert.
Um die vertrauliche Konferenzatmosphäre in einem kleinem Kreis von NATO-Spitzenpolitikern wiederzubeleben, wie es in den ersten Jahren der "Wehrkundetagung" üblich war, hat Ischinger zusätzlich zur Anfang Februar stattfindenden Münchner „Sicherheitskonferenz“ ein neues Veranstaltungsformat, das so genannte Munich Security Conference Core Group Meeting, eingeführt. Dieses Treffen findet jedes Jahr im Herbst in einer anderen Hauptstadt statt. 2009 war das Washington, 2010 Moskau und im November 2011 Peking. Zum MSC Core Group Meeting trifft sich ein kleiner exklusiver Teilnehmerkreis zur Debatte über aktuelle globalstrategische Fragen und zur Vorbereitung der „Sicherheitskonferenz“ in München.