von Walter Listl, 6. April 2009
Ein erster Kommentar zu einem Text in Indymedia (siehe Link/ "Indymedia linksunten") den ich nach Rückkehr aus Strasbourg las.
Ein Nebensatz bei der Berichterstattung über das brennende Ibishotel in Strasbourg ließ aufhorchen: Das Hotel sei zum Zeitpunkt des Brandes unbewohnt gewesen.
Welch seltsame Zufälle es doch gibt.
Ich selbst habe versucht in einem Hotel dieser Kette in Strasbourg ein Zimmer zu bekommen. Keine Chance, alles belegt. Und dann ganz zufällig unmittelbar beim Kundgebungsplatz, steht ein solches Hotel leer herum.
Erinnerungen werden wach an das zufällig herumstehende Polizeiauto auf dem Platz der Abschlußkundgebung in Heiligendamm, das ebenfalls abbrannte. Seltsam auch: Trotz Massenaufgebot von Polizei, Feuerwehr und Wasserwerfer, kann ein kleiner Brand vor dem Hotel nicht gelöscht werden. Nur den Kameraleuten des Fernsehens gelingt es zu filmen, aber den "Ordnungskräften" gelingt es nicht zu löschen.
Auf die Spur der Brandstifter führt die Frage: Wem nützt es? Wer braucht diese Bilder? In wessen Interesse liegt diese Form der Skandalisierung und der gewaltförmigen Auseinandersetzung?
Im nachstehenden Text von Indymedia wird gesagt, ein Steinwurf habe eine selbstbefreiende Wirkung für den Werfenden und bewirke oft mehr als ein ganzer Ostermarsch. Das ist nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Psychoanalyse innerhalb der No-NATO Bewegung sondern auch ein echter Meilenstein zur Zusammenarbeit der verschiedenen Spektren der Antikriegs- und Friedensbewegung.
Wer glaubt, zur Selbstbefreiung mit Steinen werfen zu müssen, sollte vielleicht eine Urschreitheraphie machen, aber sich aus solchen Demos fernhalten.
Und wer meint, Steine werfen statt Ostermarsch oder Randale statt dem "Quark" der Analyse vom Casinokapitalismus hat entweder nichts von linker Antikriegspolitik und noch weniger von der Notwendigkeit gemeinsamen Handelns gegen Krieg und NATO verstanden, oder besorgt das Geschäft unserer Gegner. Oder beides.
Woran es bei den Linken besonders hapert, heißt es in dem Text, sei die "Vermittlungsfähigkeit des HalliGalli."
Ich bekenne: Auch bei mir hapert es da gewaltig. Ich dachte bisher, es gehe um die Vermittlung politische Anliegen: NATO raus aus Afghanistan, NATO auflösen, Kein Krieg, Abrüstung.
HalliGalli als politisches Ziel ist mir neu.
Wer Militanz als legitimes Mittel der politischen Auseinandersetzung und der Notwehr gegen Polizeirepressalien zum politischen Ziel erklärt, statt zu einem mehr oder weniger sinnvollen Mittel zum Zweck, und wer Militanz mit hirnlosem "knallen lassen" verwechselt, tut manchen einen Gefallen, aber sicher nicht der Antikriegsbewegung. Im Indymedia-Text wird gesagt: "Wir müssen erklären, dass Riots keine unpolitische Randale sind". Riots (Aufruhr, verrückt spielen, Krawall, Ausschreitung, sich austoben) sind in sofern immer politisch, als sie immer einem bestimmten Zweck dienlich sind, für bestimmte Zwecke instrumentalisiert werden. In diesem Fall zur Delegitimierung und Diskreditierung der Antikriegsbewegung, zum Verschärfen von "Sicherheits"gesetzen und zur Spaltung einer Bewegung.
"Der demonstrative Angriff auf das Gewaltmonopol des Staates macht die Radikalität und Kompromisslosigkeit unserer Systemkritik sichtbar. Wir akzeptieren eure Regeln nicht....und wir scheißen auf einen Dialog mit euch, wir wollen uns nicht in euer Spiel einbinden lassen" heißt es in besagtem Text.
Erstens waren wir in Strasbourg zu einem wirklichen "Angriff auf das Gewaltmonopol des Staates" gar nicht in der Lage.
Es sei denn man hält Steinwürfe, Lagerfeuer auf der Straße und anderes "Kanallen-lassen" für einen solchen.
Und zweitens: Welche Systemkritik wurde dabei sichtbar und für wen? Schon im nächsten Absatz wird dann klar, was von diesem revolutionären Maulheldentum zu halten ist: Denn dann wird kleinlaut zugegeben, dass Randale nötig sei, um in die Medien zu kommen.
Also: Wir akzeptieren Eure Regeln nicht, aber in die Schlagzeilen Eurer Medien wollen wir um jeden Preis, denn "um in die Medien zu kommen, braucht es Action".
Ja es ist schon richtig, wenn nach der Abschlußkundgebung in Straßburg beim Beginn der Demo Tränengasgranaten gegen die Kundgebungsteilnehmer eingesetzt werden und Polizeiwagen die Abmarschstraßen verstellen, so dass eine Panik droht, dass dann auch militant gegen diese lebensgefährliche Aktion der Polizei vorgegangen und der Weg freigemacht wird.
Aber beim Demolieren von Tankstellen und beim Abfackeln von Hotels (auch wenn sie leer stehen) sollten wir den Agent-Provokateurs der Polizei nicht zur Hand gehen.
Die Haltung, die in dem Indymadia-Text zum Ausdruck kommt ist zutiefst schädlich und gegen die Zusammenarbeit der verschiedenen Strömungen in der Antikriegsbewegung gerichtet.
Allen muß klar sein:
Jede Strömung dieser Bewegung, jede Gruppe und Richtung dieser Bewegung hat eine Verantwortung für das Ganze unseres Anliegens und hat die Stimmungen, Grundhaltungen und Befindlichkeiten der jeweils anderen in sein Reden und Tun einzukalkulieren.
Wer "Riots" zum politischen Ziel erklärt, statt als ein Mittel zum Zweck, das an den zu erreichenden Zielen gemessen werden muß, spaltet die Bewegung.
Nur wenn die Antikriegsbewegung zu einer solidarischen Kommunikation, zu mehrheitsfähigen Aktionsformen und kompatiblen Strukturen findet, hat sie eine Zukunft. Ansonsten bleibt sie zersplittert und zerstritten.
Heiligendamm, Berlin, Frankfurt und Strasbourg waren wichtige Schritte. Trotz alledem. Das sollten wir uns nicht durch Unbedachtes kaputt machen lassen.
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Nochmal: Die Überschrift des erwähnten Artikels bei Indymedia Linksunten:
Let´s start a riot
Verfasst von: Anna und Arthur.
Samstag 14. Februar bis Sonntag 15. Februar
Ort: Straßburg, (genauerer Ort: Universität /2. Einladung)
Der Hauptzweck der Konferenz ist die Absprache zur Vorbereitung der unterschiedlichen Aktionen gegen das NATO-Jubiläum. Wir möchten die Strategie festlegen und die verschiedenen Aktionen vorbereiten.
Die Grundlage aller Vorbereitungen wird eine politische Diskussion über die Strategie der NATO und deren politischen Ziele sein.
11:00 bis 12:30
Vorbesprechungen der Arbeitsgruppen (Gruppen siehe unten)
Eröffnungsplenum:
Samstag 13:00 bis 15:30
Plenum -
Begrüßung und Moderation Arielle Denis und Frederic Henry, Strasbourg
Gegenwärtige NATO-Strategie und unsere Kritikpunkte (Arbeitstitel)
John Rees, Stop the war GB/ Arielle Denis, Mouvement de la Paix, France
Diskussion
Überblick unserer Aktionsvorbereitungen gegen den NATO-Gipfel
Reiner Braun
Dazu gehören Informationen über die Vorbereitungen in den einzelnen Ländern, in der Region Straßburg und Baden-Württemberg und in den Arbeitsgruppen
16:00 bis 18:00
Arbeit in Gruppen
a. Camp
b. Demonstration
c. Ziviler Ungehorsam ,, Civil disobedience
d. Internationaler Kongress
18:15 bis 19:45
Austausch der Arbeitsergebnisse in einer Plenumsdiskussion mit vier Einführungsbeiträgen
Moderation: Kate Hudson, CND, GB
20.30 optional
Treffen der deutschen und der französischen TeilnehmerInnen
Sonntag
9:00
Kurze Einführung: Andreas Speck, WRI
Anfang 9.15 bis 10.45
Arbeitsgruppen
a. Pressearbeit
b. Öffentlichkeitsarbeit
c. Basistreffen
d. Bei Bedarf - Fortsetzung der Arbeitsgruppen vom Vortag
e. Legal Team, Beobachtergruppe
f. und mehr
11:00 bis 12:00 Berichte
Moderation am Vormittag: Petros Constantinou, Greece, Sophie Zafari, FSU France
12.00 bis 13.00
Diskussion über die Mobilisierung
13:00 bis 14:00
Beschlüsse und Vereinbarungen
Moderation Reiner Braun/ Lysiane Rolet Strasbourg/ NN von den Blockade-Aktivisten
Sprachen sind Englisch, Deutsch und Französisch. In den Arbeitsgruppen keine professionelle Übersetzung,
Für preisgünstige oder private Unterkunft bitte anfragen:
lysianerolet@voila.fr (korr.)
Tel.: 0033(0) 679484501
Bitte anmelden: hr.braun@gmx.net
Wir benötigen einen Überblick über die Teilnehmerzahlen um die organisatorische Probleme zu bewältigen.
Berlin, 22. Dezember 2008 Arielle Denis, Reiner Braun