Artikel zuerst veröffentlicht bei Indymedia, dazu auch der Beitrag "Rolle der Türkei".
„Wir haben bereits den ersten Erfolg verbucht –
Horst Teltschik geht und Claus Schreer bleibt,“ mit diesen Worten eröffnete Tobias Pflüger, Europaabgeordneter der LINKEN, die Runde. Weiterhin machte er deutlich, dass seine Teilnahme an der sogenannten Sicherheitskonferenz auch in diesem Jahr von Seiten des Veranstalters abgelehnt würde. „Teltschik bestimmt nach Gutsherrenart wer an der Tagung teilnehmen darf und wer nicht, obwohl diese Privatveranstaltung mit ca. 840 000 Euro durch die Bundesregierung gesponsert wird,“ so Pflüger. Die Bundesregierung solle aufhören, diese Kriegstagung aus Steuermitteln zu finanzieren, forderte er.
Die Gerüchte über einen Umzug der Kriegskonferenz im nächsten Jahr nach Berlin, sind laut Pflüger bereits im Europaparlament angekommen. Falls sich diese Mutmaßungen erhärten sollten, forderte er die VertreterInnen des Bündnisses auf, die gewachsene Münchner Widerstandskultur, den deutlichen und sichtbaren Protest der letzten Jahre, nach Berlin zu tragen.
Claudia Haydt, von der Informationsstelle Militarisierung aus Tübingen, bezog anschließend Stellung zur Verleihung der sogenannten „Friedensplakette“, die in diesem Jahr an keine Einzelperson, sondern stellvertretend für alle Soldaten, die im Rahmen der NATO Kriegsdienst leisten, an einen kanadischen Soldaten verliehen wird. „Mit dieser Auszeichnung eines NATO-Soldaten, gedrillt zu sterben und zu töten, wird Krieg salonfähig gemacht,“ so Haydt. Sie wies zudem darauf hin, dass Kanada im Süden Afghanistans kämpft, wo ISAF- und OEF-Einsatz extrem miteinander verwoben seien und die dort stattfindenden Flächenbombardements eine erhebliche Rolle bei der Eskalation des Krieges spielen würden. - „Um es auf den Punkt zu bringen, hier wird eine Kriegsverdienstsmedaille verliehen werden,“ so Haydt abschließend.
Zu der Tatsache, dass die Kriegskonferenz in diesem Jahr mit einem Redebeitrag des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan eröffnet wird, nahm ein Vertreter des Bündnisses Stellung: „Die Schlüssselrolle, welche die Türkei laut Teltschik im Mittleren und Nahen Osten spielt, gleicht eher der Rolle eines Brandstifters. Es ist der NATO-Partner Türkei, der im bisher relativ ruhigen Norden des Irak, einen Angriffskrieg gegen die kurdische Befreiungsbewegung führt:“ Die politische Verantwortung dafür trage eindeutig die Regierung unter Erdogan.
„Erdogan als Hauptredner zur sogenannten „Sicherheitskonferenz“ einzuladen entlarvt einmal mehr, dass das Motto der Konferenz „Frieden durch Dialog“ schlichtweg gelogen ist. Der türkische Regierungschef ist noch nicht einmal zu einem Dialog mit der eigenen Bevölkerung bereit und setzt alleinig auf die militärische Karte, wenn es um den von ihm wieder angeheizten Konflikt in Kurdistan geht,“ so der Bündnisvertreter.
Zu dem aktuellen Stand der geplanten Gegenaktivitäten äußerte sich dann Claus Schreer, einer der Pressesprecher des Bündnisses. Beim Kooperationsgespräch, am 21. Januar, habe das Kreisverwaltungsreferat (KVR) die geplante Demoroute vom Marienplatz zum Odeonsplatz, Nähe der Münchner Residenz (Ort der Verleihung der „Friedensplakette“), mit fadenscheinigen Begründungen abgelehnt. Laut KVR sei die Residenzstr. zu eng, weil dort die Fahrbahnbreite nur 3,90 m betragen würde. „Dies kann jedoch nicht ernsthaft als Begründung dafür dienen, um unsere Demoroute zu verbieten,“ so Schreer.
Der Vorschlag des KVR für eine Änderung der Demoroute (Marienplatz-Isartor-Ring-Von der Tannstr.-Ludwigstr.-Odeonsplatz) sei vom Bündnis einstimmig abgelehnt worden. „Unser Demonstrationsziel ist der Platz vor der Residenz und zwar zu einer Zeit, in der die Tagungsteilnehmer aus dem Bayerischen Hof dort vorbeikommen. Dies ist aber bei der vom KVR vorgeschlagenen Route auf keien Fall gewährleistet,“ fügte der Bündnissprecher hinzu.
Eine Reaktion des KVR auf die schriftliche Ablehnung des Bündnisses stehe noch aus und es sei mit einem Verbot der geplanten Demoroute zu rechnen. „Wir werden uns den Bescheid genau anschauen und dann entscheiden, ob wir den Klageweg beschreiten werden,“ so Schreer zum Schluss.
Informationsbeitrag vorgetragen auf der Pressekonferenz des Aktionsbündnisses vom 27.1.2008
Wie Sie wissen wird die Konferenz am Samstag mit einem Redebeitrag des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan eröffnet. Da stellt sich natürlich die Frage: „Warum gerade Erdogan?“
- „Die Türkei spielt zunehmend eine Schlüsselrolle im Mittleren und Nahen Osten und ihr Einfluss reicht bis Zentralasien,“ behauptete Herr Teltschik vor kurzem in einem Pressegespräch.
Die Schlüssselrolle, welche die Türkei laut Teltschik in der Region spielt, gleicht eher der Rolle eines Brandstifters. Es ist der NATO-Partner Türkei, der im bisher relativ ruhigen Norden des Irak, die Lage zu eskalieren droht. Fast täglich verletzt die türkische Armee die Souveränität des Nachbarlandes, Luftwaffe und Bodentruppen bombardieren die Region Kandil, angeblich um der PKK-Guerilla das Rückzugsgebiet zu entziehen.
Die politische Verantwortung dafür trägt eindeutig die Regierung unter Erdogan, die den türkischen Streitkräften, für den Zeitraum (mindestens) eines Jahres, freien Handlungsspielraum für die Angriffe auf das Nachbarland gewährt hat. Erdogan steht somit in Kontinuität der einstigen militärischen Machthaber und outet sich eindeutig als Kriegstreiber.
Einhergehend mit den Kriegshandlungen der türkischen Armee im Grenzgebiet Türkei/Irak finden seit Monaten in der gesamten Türkei Angriffe auf Kurdinnen und Kurden und deren Einrichtungen statt. Angeheizt von der türkischen Regierung kam es auch in Europa zu Übergriffen auf die kurdische community und zu Demonstrationen türkischer Nationalisten und Faschisten.
Erdogan als Hauptredner zur sogenannten „Sicherheitskonferenz“ einzuladen entlarvt deshalb einmal mehr, dass das Motto der Konferenz „Frieden durch Dialog“ schlichtweg gelogen ist. Der türkische Regierungschef ist ja nicht einmal zu einem Dialog mit der eigenen Bevölkerung bereit!
Der wahre Grund warum der türkische Premier geladen ist, dürfte vielmehr mit dem nach wie vor drohenden Angriffskrieg auf den Iran zusammenhängen. Die Angriffe der türkischen Armee auf Stützpunkte der PKK basieren auf Geheimdienst- und Aufkärungsarbeit der USA. Die kurdische Nachrichtenagentur ANF (Firat News Agency) berichtete Anfang Januar, dass die USA und Israel, falls die an der PKK ausprobierte Geheimdienst- und Aufkärungsarbeit erfolgreich verläuft, das gleiche in ähnlicher Form gegen den Iran anwenden wollen. In Südkurdistan ist nun im Einverständnis mit der kurdischen Regionalregierung und der Türkei ein strategischer Militärstützpunkt eingerichtet worden, auf dem Experten aus den USA und aus Israel stationiert sind und von dem aus der Iran anvisiert wird.
Eine Reaktion des türkischen Regimes auf diese brisante Berichterstattung ließ nicht lange auf sich warten. Anfang letzter Woche wurde die Internetseite der Nachrichtenagentur ANF (www.firatnews.eu) gerichtlich unterbunden1. Bereits zuvor war die Adresse www.firatnews.com ohne Angaben von Gründen verboten worden.
Vor diesem Hintergrund wird offensichtlich, dass der Türkei eine Schlüsselrolle beim geplanten Angriff auf den Iran zugedacht ist. Erdogan wird in München deutlich machen, dass er nur unter Berücksichtigung der außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Türkei zu solch einem Schritt bereit sein wird. Dabei geht es nicht nur um freie Hand beim Krieg gegen die kurdische Befreiungsbewegung, sondern vielmehr um eine Einschränkung der Machtbefugnisse der kurdischen Regionalregierung im Nordirak, beispielsweise deren Zugriff auf die Ölfelder um Kirkuk.
Es ist also davon auszugehen, dass der Iran als nächstes Angriffsziel auf der Tagesordnung stehen wird. Wir bezeichnen die Münchner Konferenz als Kriegstagung, die diesjährigen Diskussionen im Bayerischen Hof werden unsere Position einmal mehr bestätigen.