Beitrag Fabi Schwärzler
Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Münchnerinnen und Münchner,
alle Jahre wieder findet in München im Bayrischen Hof die sogenannte Sicherheitskonferenz statt. Dieser Name suggeriert zunächst einmal, es gehe bei diesem Treffen um Sicherheit. In gewisser Weise stimmt dies auch. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich aus Rüstungslobbyisten, Wirtschaftsvertretern, Militärs und Staatsträgern zusammensetzen, ist die Sicherheit hohes Gut. Vor allem die eigene. Die Sicherheit der Rüstungsunternehmen, auch in Zukunft Abnehmer für ihre Waren zu finden. Die Sicherheit der westlichen Konzerne, ihre Profite auch weiterhin auf Kosten der dritten Welt machen zu können. Die Sicherheit der Handelswege, auf denen die so erbeuteten Schätze in die Heimat der Ausbeuter gebracht werden. Und nicht zuletzt die Sicherheit vor denen, die sie ausbeuten. Somit ist klar, dass die Sicherheit dieser Damen und Herren für alle anderen nur Unsicherheit bringt.
Auch die BRD ist wieder mit von der Partie. Bemühte mensch sich noch zu Zeiten des Kalten Krieges die Bundeswehr als reines Verteidigungsinstrument gegen die bösen, von Osten drohenden Russen darzustellen, so wird heute wieder mitgemischt bei der Aufteilung der Welt. Natürlich sind die Auslandseinsätze dabei stets „humanitäre“ Einsätze. Sie dienen angeblich nicht den Interessen des deutschen Kapitals, sondern der dort lebenden Bevölkerung, die nicht einmal um Hilfe rufen musste.
Die Auslandseinsätze der Bundeswehr nehmen seit 1994 kontinuierlich zu. So beteiligte sie sich an dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen das ehemalige Jugoslawien und übernimmt heute strategisch wichtige Aufgaben beim Einsatz in Afghanistan. Dafür benötigt sie zunehmend mehr Rekruten als Kanonenfutter. Und stößt dabei auf Probleme. Denn immer weniger junge Frauen und Männer verpflichten sich freiwillig zum Dienst an der Waffe. Dies liegt vor allem an der mangelnden Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber den Auslandseinsätzen, den sinkenden Geburtenraten sowie dem schlechten Image des Berufs Soldaten. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken unternimmt die Bundeswehr eine Vielzahl an Bemühungen. So drehte sie zum Beispiel kostspielige Werbefilme wie etwa „Bundeswehr – eine starke Truppe“.
Ein wichtiges Instrument bei der Suche nach Nachwuchs stellt für die Bundeswehr vor allem die Zusammenarbeit mit den Jobcentern des Staates da, auch ARGEn genannt. Diese Zusammenarbeit reicht von Werbung für den Beruf des Soldaten durch Mitarbeiter der ARGEn über gemeinsame Rekrutierungsveranstaltungen in deren Räumen bis hin zu konkreten Kooperationsvereinbarungen. Die ARGEn lobten dabei besonders die hervorragenden Weiterbildungsmöglichkeiten und die Sicherheit des Arbeitsplatzes.
Diese Form der Zusammenarbeit ist nicht neu, doch ihre Quantität und Qualität nimmt zu. So ergab eine Kleine Anfrage und anschließende schriftliche Nachfrage der Fraktion der Linkspartei im Bundestag im Februar und April 2008, dass die Bundeswehr in 11 ARGEn dauerhaft Büros unterhält und dass in 204 ARGEn regelmäßig Rekrutierungsveranstaltungen stattfinden.
Dennoch ist Soldat nicht ein Beruf wie jeder andere. Seit dem Beginn der Auslandseinsätze 1994 starben insgesamt 74 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in solche Einsätzen. Diejenigen, die lebend zurückkehren, leiden immer öfter an posttraumatischen Belastungsstörungen, kurz PTBS. Dem Bericht der Wehrbeauftragten der Bundesregierung 2006 war zu entnehmen, dass sich die Zahl der an PTBS erkrankten Soldatinnen und Soldaten seit 2003 nahezu verdreifacht habe. Nach offiziellen Angaben wurden bisher ca. 700 Soldatinnen und Soldaten mit PTBS behandelt, insgesamt ca. 1700 wegen psychischen Erkrankungen. Höchstwahrscheinlich ist aber die Dunkelziffer weit höher, da sich viele der Erkrankten nicht outen, um nicht als „Weicheier“ zu gelten. Als Soldatin bzw. Soldat muss mensch eben hart sein, wie ein Vertreter des Deutschen Bundeswehrverbandes verlauten lies. Demgegenüber stehen allerdings auch die Klagen einiger Soldatinnen und Soldaten, sie würden mit ihren Problemen allein gelassen.
Ein großes Problem bei der Rekrutierung stellt für die Bundeswehr auch die mangelnde Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber den Auslandseinsätzen da. So lehnen laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Allensbach aus dem Jahre 2007 50 % der Befragten zukünftige Auslandseinsätze generell ab, Tendenz steigend. Auch die Soldatinnen und Soldaten selbst stehen ihnen kritisch gegenüber, wie eine Umfrage unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des EUFOR-Einsatzes im Kongo belegte. Generell ist der eigene Beruf nicht sonderlich beliebt. So raten laut einer Studie des Bundeswehrverbandes aus dem Jahre 2007 über 70 % der Soldatinnen und Soldaten ihren Freunden und Verwandten von einer Verpflichtung bei der Bundeswehr ab. Noch häufiger trat diese Aussage bei jenen auf, die bereits an Auslandseinsätzen teilnahmen.
Ein wichtiger Faktor, der der Bundeswehr bei der Rekrutierung in die Hände spielt, ist die Arbeitslosigkeit, vor allem die unter Jugendlichen. Die Bundeswehr profitiert dabei von der schlechten Lage auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt, was auch Vertreter der Bundeswehr bestätigen. Für Jugendliche sind beim Ergreifen des Soldatenberufs vor allem ökonomische Gründe Ausschlag gebend. Laut einer Studie aus dem Jahr 2004 gaben über 70 % der Jugendlichen die sich eine Verpflichtung bei der Bundeswehr vorstellen konnten die hohe Arbeitsplatzsicherheit als Grund dafür an, knapp 60 % die guten Einkommensmöglichkeiten. Auch die Möglichkeit eines Studium bei der Bundeswehr ist für viele Jugendliche ein Grund für eine Verpflichtung als Soldatin oder Soldat. So sagten 2002 in einer Umfrage unter den Studentinnen und Studenten der Bundeswehruniversität Hamburg fast 70 % aus, sie hätten diesen Beruf nicht gewählt, wenn ihnen dadurch nicht ein Studium ermöglicht worden wäre. Durch die jetzt eingeführten Studiengebühren wird diese Entwicklung noch verstärkt. Unter denjenigen, die sich bei der Bundeswehr verpflichteten um eine Ausbildung anzufangen waren 2002 27 % zuvor als arbeitslos gemeldet. Insgesamt waren in Hamburg 2007 von 328 Jugendlichen die sich bei der Bundeswehr verpflichteten 107 zuvor als arbeitslos gemeldet, also ungefähr ein Drittel. Dies ist auch an vielen anderen Orten so. Insgesamt stellen zuvor Arbeitslose ein Drittel der Soldaten auf Zeit. Diese Zahlen belegen, dass der Beruf Soldat vor allem aus materiellen Gründen gewählt wird, oft auch als einzige Chance für Jugendliche, überhaupt eine Job oder Ausbildungsplatz zu bekommen. Somit profitiert die Bundeswehr von dem Stellenabbau und dem mangelnden Ausbildungsangebot der Unternehmen, deren Interesse sie gleichzeitig in aller Welt verteidigt.
Diejenigen die unter dem sozialen Kahlschlag leiden dienen also gleichzeitig denen die von ihm profitieren als menschliches Kanonenfutter. Als Kanonenfutter für Kriege, die den Kapitalisten Rohstoffe und Absatzmärkte sichern sollen.
Führt mensch sich dies alles vor Augen wird klar, das Soldat eben nicht ein Beruf wie jeder andere ist. Es ist ein Beruf, bei dem mensch töten oder sich töten lassen muss. Sich töten lassen für diejenigen, die an der Lage Schuld sind, die einen überhaupt erst in die Arme der Armee trieb. Einer Armee, die nicht dazu da ist, Frieden zu schaffen, sondern Ressourcen und Absatzmärkte, auf wessen Kosten auch immer. Und die gleichzeitig das Geld erhält, das für Bildung und Ausbildung fehlt.
Deshalb kommt morgen alle zum Jugendblock!
Denn fordern wir:
Bundeswehr raus aus Afghanistan, Arbeitsagenturen und Schulen!
Keinen Menschen keinen Cent an die Bundeswehr!
Her mit dem Geld für Bildung und Ausbildung!